Irres Comeback! Zverev nach Fünf-Satz-Krimi im Finale der US Open

Der erste Grand-Slam-Titel ist zum Greifen nah, Alexander Zverev wandelt nach einer nervenstarken Aufholjagd auf Boris Beckers Spuren.

Der 23 Jahre alte Hamburger hat bei den US Open erstmals das Endspiel eines der vier wichtigsten Tennisturniere erreicht, im Halbfinale kam er aus nahezu aussichtsloser Lage zurück und rang den Spanier Pablo Carreno Busta nach 3:22 Stunden mit 3:6, 2:6, 6:3, 6:4, 6:3 nieder. Ein Sieg fehlt Zverev in New York noch, um sich als erster Deutscher seit Becker bei den Australian Open 1996 zum Grand-Slam-Champion im Herren-Einzel zu krönen.

„Es ist noch ein weiterer Schritt zu gehen“

„Ich könnte nicht glücklicher sein, aber es ist noch ein weiterer Schritt zu gehen“, sagte Zverev, der als erster Deutscher seit Rainer Schüttler 2003 bei den Australian Open ein Grand-Slam-Finale erreichte: „Ich konnte es kaum glauben: Ich spiele in einem Grand-Slam-Halbfinale als Favorit und liege 0:2 hinten. Aber ich stehe in meinem ersten Grand-Slam-Finale, das ist das Wichtigste.“

Zum ersten Mal in seiner Karriere holte Zverev dabei einen Rückstand von zwei Sätzen auf, Becker lobte daher als Eurosport-Experte: „Es ist unglaublich, was Sascha Zverev für ein Mentalitätsmonster geworden ist.“

Am Sonntag (ab 22.00 Uhr MESZ) bekommt es der jüngste Major-Finalist seit zehn Jahren mit Dominic Thiem zu tun. Gegen ihn hatte der Weltranglisten-Siebte im Januar in Melbourne sein erstes Grand-Slam-Halbfinale verloren.

https://www.skysportaustria.at/thiem-zieht-mit-galavorstellung-in-us-open-finale-ein/

Carreno Busta hatte im Achtelfinale von der Disqualifikation des Weltranglistenersten und haushohen Turnierfavoriten Novak Djokovic (Serbien) profitiert. Erstmals seit den US Open 2016 wird es daher einen Grand-Slam-Champion geben, der weder Djokovic noch Roger Federer oder Rafael Nadal heißt. Die beiden Superstars aus der Schweiz und Spanien waren in New York gar nicht angetreten.

Zverev mit schwachem Start

Wie schon im Viertelfinale gegen den Kroaten Borna Coric erwischte Zverev den schlechteren Start, schnell geriet er mit 1:5 ins Hintertreffen. Es entwickelten sich sogleich die erwartet langen und kräftezehrenden Ballwechsel auf hohem Niveau, trotz eines Rebreaks von Zverev ging Satz eins nach 40 Minuten an den laufstarken Spanier.

Tipps hatte sich Zverev zuvor in vielen Telefonaten mit seinem neuen Trainer David Ferrer geholt, der seinen Landsmann bestens kennt. Am Fernseher in Spanien sah dieser, wie sein Schützling die Ballwechsel zwar weiterhin beherrschte, Carreno Busta aber wesentlich stabiler blieb.

Zverev wirkte immer verzweifelter, der 29 Jahre alte Spanier wurde hingegen mutiger und hatte auf alles eine Antwort. Mit hängenden Schultern schlich Zverev zu seiner Bank, nachdem er zum dritten Mal im zweiten Durchgang seinen Aufschlag zum 0:5 abgegeben hatte.

Nervenschlacht im vierten Satz

„Ich habe das Gefühl, er ist immer noch beim Warmmachen“, sagte Zverevs älterer Bruder Mischa nach dem verlorenen zweiten Satz bei Eurosport. Das änderte sich aber urplötzlich, auf einmal spielte Zverev befreiter auf, zwei Breaks und 34 Minuten später gehörte Satz drei ihm. Während Zverev immer mehr Sicherheit gewann, wurde Carreno Busta nervöser. Auch Becker schöpfte Hoffnung: „Er kann es jetzt noch rumreißen“, sagte der dreimalige Wimbledonsieger: „Er wittert Morgenluft, der schmeckt Blut.“

Das Match entwickelte sich im vierten Satz immer mehr zur hektischen Nervenschlacht. Ein frühes Break zum 2:1 gab Zverev sofort wieder aus der Hand, wenig später holte er sich ein weiteres. Carreno Busta agierte vor allem beim Aufschlag immer ängstlicher – und zog Zverevs Ärger auf sich, als er am Netz zweimal voll auf den Körper des Deutschen abzielte. Doch Zverev blieb konzentriert und erzwang nach 2:44 Stunden den Entscheidungssatz.

Das Momentum lag nun eindeutig beim Hamburger. Carreno Busta ließ sich am Rücken behandeln, Zverev attackierte den angeschlagenen Gegner umgehend und nahm ihm den Aufschlag ab. Der Spanier kämpfte verbissen weiter, doch Zverev servierte stark und ließ ihn nicht mehr herankommen.

(SID)

Beitragsbild: Getty Images