Kitzbühel (APA) – Jürgen Melzer hat sich innerhalb weniger Tage einige drängende Fragen beantwortet. Nach einer Pause von 319 Tagen auf der ATP-Tour wegen einer Operation an der linken Schulter samt langer Rehabilitation ist er nach dem erfolgreichen Davis-Cup-Comeback in Kiew auch in Kitzbühel mit einem Sieg zurückgekehrt. Mit 35 Jahren will es Melzer noch einmal wissen, allerdings ohne große Zielvorgaben.
Der Fünf-Satz-Sieg über den Ukrainer Illja Martschenko nach 4:08 Stunden am Sonntag auf Hartplatz zum 2:2-Zwischenstand im Davis Cup in Kiew hatte ihm gezeigt: die Schulter hält. Erst Montagmittag in Kitzbühel angekommen, hat Jürgen Melzer auch die Umstellung auf die Höhenlage sowie auf Sand gemeistert. Und den Japaner Taro Daniel in zwei Sätzen geschlagen. Es war das erste Match auf der ATP-Tour seit 319 Tagen. Da war das Achtelfinale als krasser Außenseiter gegen Dominic Thiem am Mittwochabend (nicht vor 17.30 Uhr/ live auf Eurosport HD) quasi ein Zugabe.
„Für mich ist es sehr wichtig zu sehen: ich bin noch dabei. Wenn du sehr, sehr lange nicht spielst, gibt es da ein Riesenfragezeichen: Wie hat sich das Tennis weiterentwickelt? Wie schnell bin ich noch?“, erzählte Melzer. Doch die Leistung am Sonntag und jene am Dienstag trotz deutlicher Müdigkeit im zweiten Satz haben ihm doch eine deutliche Antwort gegeben. „Es war in Ordnung. Klar kann ich mich noch überall verbessern, aber das Niveau, das ich jetzt habe, ist gut und es zeigt, dass die Arbeit, die ich reingesteckt habe, nicht umsonst war.“
Alter Trainer, neues Glück?
Das Tourleben hat ihm „extrem“ gefehlt. „Zwischendurch war es schon schwierig, da habe ich wirklich jeden Tag mit Freddy Siemes Therapie gemacht. Aber Momente wie Sonntag und heute machen das vergessen.“
Und natürlich ist es nicht leicht, wenn man nach all den Jahren aus dem Reise- und Turnier-Rhythmus so lange herausgerissen wird, wieder die Koffer zu packen. „Es war schon sehr schwierig. Du gewöhnst dich natürlich dran. Mir hat aber der Wettkampf gefehlt, darum habe ich auch zum Fußballspielen angefangen. Für mich war sehr wichtig, auch etwas anderes zu machen.“
Die Zusammenarbeit mit Coach Werner Eschauer, der auch mit Bruder Gerald arbeitet, hat er dann nicht zuletzt auch „aus Bruderliebe“ beendet und zu seinem väterlichen Trainerfreund Jan Velthuis zurückgefunden: „Ich bin mit Jan immer in Kontakt gewesen. Er deckt alles ab und kennt auch meinen Körper gut“, spricht Melzer auch die Fähigkeiten des Niederländers als Physiotherapeut an.
„Hart trainieren und schauen was drinnen ist“
Natürlich drängt sich die Frage auf, was sich ein Jürgen Melzer noch zutraut. Auch ein Tommy Haas hat nach langer Verletzung vor einigen Jahren noch ein sensationelles Comeback gefeiert. Doch Melzer will sich auf Spekulationen nicht einlassen. „Ich habe mir selbst geschworen und auch Jan versprochen, dass ich nicht über Ranking-Ziele reden werde, weil es auch keinen Sinn macht. Ich habe keine Ahnung, wie lange es hält“, sagte Melzer und versprach: „Ich werde hart trainieren, spielen und schauen, was drinnen ist. Wir schauen, dass wir jeden Tag das Bestmögliche rausholen und wenn ich das über ein Jahr hinweg machen kann, dann werde ich ein halbwegs gutes Ranking zusammenbringen.“
Sein Coach war zufrieden. „Der Junge kann Tennis spielen. Er hat im letzten Monat sehr hart gearbeitet. Er kann noch stärker werden, aber dafür ist Raum.“ Jedenfalls könne man geduldig an die Sache herangehen. „Wir haben keinen Stress. Wir sind froh, dass er ohne Schmerzen wieder Tennis spielen kann und seinen Beruf wieder ausüben kann.“
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