Koller stärkt Alaba den Rücken: „Hat alles drauf“

Mallemort (APA) – Österreichs Fußball-Teamchef Marcel Koller ist trotz dessen enttäuschender Leistung in ungewohnter Offensivrolle am Samstag im EM-Spiel gegen Portugal (0:0) weiter voll von den Qualitäten seines Topstars David Alaba überzeugt. „Er ist ein Spieler, der das alles draufhat“, betonte der Schweizer. „Er ist ein Spieler, den wir brauchen, der wichtig ist. Da muss er sich absolut keinen Kopf machen.

Koller hatte Alaba bereits in der 65. Minute ausgewechselt, brachte an seiner Stelle Alessandro Schöpf im offensiven Mittelfeld-Zentrum. Der Bayern-München-Legionär wirkte nicht wirklich glücklich darüber. Laut Koller habe er die Maßnahme mit dem 23-Jährigen aber bereits besprochen.

„David hat in diesem Kader im vergangenen halben Jahr die meisten Spiele gemacht. Er hat über 2.000 Minuten gespielt“, rechnete Koller vor. Auf die Einzelkritik wollte er am Sonntag in einer Pressekonferenz im ÖFB-Teamcamp in Mallemort nicht näher eingehen. Seine Defensivaufgaben habe Alaba aber „sehr diszipliniert“ umgesetzt. Zudem habe er zum wiederholten Mal eine neue Position bekleiden müssen. „Da ist es nicht so einfach, sich einzufinden.“

Im Entscheidungsspiel um den Aufstieg ins Achtelfinale am Mittwoch (18.00 Uhr) in St. Denis bei Paris gegen Island wird Alaba wieder mit dabei sein – in welcher Rolle, ist allerdings offen. Schöpf könnte auf Kosten des gegen Portugal starken, aber defensiver ausgerichteten Stefan Ilsanker in die Startformation rutschen.

Mit dem Heilungsverlauf bei Zlatko Junuzovic, der üblicherweise die Spielmacher-Rolle bekleidet, ist Koller nach dessen Außenband-Teilriss im Sprunggelenk zum EM-Start gegen Ungarn (0:2) zwar zufrieden. Für Island scheint der 27-Jährige aber noch kein Thema. Koller: „Wir wollen das nicht forcieren.“

Entgegen seinen Gepflogenheiten in der erfolgreichen EM-Qualifikation rotierte Koller nach dem verpatzten Auftakt für das Portugal-Spiel auch freiwillig. Stürmer Marc Janko etwa, im Frühjahr von einem Muskelfaserriss und zuletzt von Nackenproblemen zurückgeworfen, saß auf der Bank. „Marc ist für uns ein sehr wichtiger Spieler. Aber es ist so, dass dieser Spielrhythmus fehlt, den er auch braucht, um bei so einem Turnier bestehen zu können.“ Ein Einsatz gegen Island ist damit nicht gesichert.

Bei einer EM müsse man stets aktuell entscheiden, was für das Team das Beste ist. „Wenn du in so einem Turnier bist, kannst du nicht von der Vergangenheit leben“, betonte Koller. „Da geht es auch nicht um Einzelschicksale. Für den einen oder anderen Spieler ist es vielleicht auch frustrierend. Wir können als Trainerteam aber nur die Spieler aufbieten, die in diesem Spiel und in dieser Situation das bringen können, was wir erwarten.“

Dabei gelte es, verschiedene Dinge zu berücksichtigen – auch die Psyche. „Da braucht man eine offene Beziehung. Man muss die Spieler auch einmal klar fragen können, ob sie bereit sind“, erklärte Koller. Teaminterne Probleme befürchtet er ob der Umstellungen, die langjährige Stammspieler kurzfristig zu EM-Reservisten degradieren, nicht. „Es geht nicht darum, dass da jetzt Eitelkeiten kommen.“

Vielmehr beschäftigt den Teamchef ein Konzept gegen die Isländer. Ein Sieg muss her, sonst wartet am Donnerstag die Heimreise. „Wir können nicht davon ausgehen, dass das Spiel gegen Island locker oder einfach wird“, sagte Koller. „Sie sind die ganze Quali kompakt gewesen, sehr zweikampfstark. Das haben sie auch hier schon gezeigt. Das wird ein sehr unangenehmes Spiel. Wir können das absolut nicht auf die leichte Schulter nehmen.“

„Portugal schon lange in der Weltspitze“

Zumal das ÖFB-Team in Frankreich spielerisch bisher nicht überzeugt hat. „Das Niveau hier ist sehr hoch“, meinte Koller, betonte gleichzeitig aber das Vertrauen in seine Mannschaft. „Weil wir es können.“ Trotz einer Steigerung gegenüber Ungarn sei auch gegen Portugal im Spiel nach vorne eine gewisse Hektik vorhanden gewesen. „Aber das ist auch normal. Portugal ist seit 30 Jahren in der Weltspitze, wir sind jetzt ein halbes Jahr dabei.“

Viele seiner Spieler müssen auf diesem Toplevel erst Erfahrung sammeln. „Es ist klar, dass es da ein bisschen Angewöhnungszeit braucht.“ Im Passspiel sei man aber schon einmal weiter gewesen, gestand Koller. „Wir haben das nicht konservieren können. Wir haben diese Ruhe, diese Sicherheit noch nicht so in uns drinnen.“ Gegen Portugal sei das nicht nur bei Alaba zu beobachten gewesen. „Da war allgemein ein bisschen Hektik drinnen.“

Koller hatte sich das Spiel bis Sonntagnachmittag noch nicht in voller Länge angesehen. Beim Rückflug aus Paris nach Avignon hatte er zwar damit begonnen. „Ich war aber zu müde, um konzentriert weiterzusehen“, erklärte der 55-Jährige. Nach einem späten Abendessen in der ÖFB-Fußballbotschaft in Mery-sur-Oise bei Paris und einer 30-minütigen Verzögerung durch ein Problem bei der Betankung des Flugzeuges war die Mannschaft erst um 5.30 Uhr in der Früh in Mallemort angekommen.

Auch mit möglichen Achtelfinalgegnern wollte sich Koller noch nicht beschäftigen. Als einer der vier besten Gruppendritten würde der Sieger der Gruppe C (Deutschland, Polen oder Nordirland) oder der Gruppe D (Spanien oder Kroatien) warten. „Es ist zu früh, zu beurteilen, gegen wen wir spielen“, sagte Koller. „Wir müssen zuerst einmal das Spiel gewinnen, um eine Chance zu haben, weiterzukommen.“