Mit General Motors im Rücken: Fragen & Antworten zu Andrettis F1-Plan

Andretti und General Motors beziehungsweise Cadillac arbeiten gemeinsam am Einstieg in die Formel 1. Was ist bekannt und was bisher nicht? Fragen und Antworten zum möglicherweise elften Team im Feld.

Wer ist Michael Andretti und was hat er vor?

Michael Andretti ist der Sohn von Formel-1-Weltmeister Mario Andretti und ebenfalls ein ehemaliger Rennfahrer. Aktuell ist er Teameigner von Andretti Autosport. Das Team geht in der IMSA SportsCar Championship, IndyCar Series, Indy NXT, Formula E, Extreme E, Supercars Championship, Super2 Series an den Start. Der absolute Traum der Andrettis ist nun, auch in der Königsklasse des Motorsports, der Formel 1, an den Start zu gehen. Ein erster Versuch, 2021 das F1-Team von Alfa Romeo zu übernehmen scheiterte. Nun soll ein komplett neues Team her.

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Wer unterstützt Andretti?

Seit Donnerstag ist bekannt, dass General Motors mit der Luxus-Automarke Cadillac Andretti Autosport beim Einstieg in die Formel 1 unterstützen wird. „Heute ist der erste Schritt auf dem historischen Weg, damit General Motors hoffentlich in der Formel 1 starten wird“, sagte GM-Präsident Mark Reuss. Eine entsprechende Absichtserklärung soll beim Internationalen Automobilverband (FIA) hinterlegt werden, sobald der Prozess formal eröffnet wird. Cadillac wird unter anderem als Titelsponsor fungieren. Demnach soll das Team künftig Andretti Cadillac Racing heißen. Andretti wäre das zweite US-Team neben Haas.

Warum will Cadillac in die Formel 1?

General Motors versucht die Luxusmarke Cadillac in der Formel 1 zu etablieren, um den Aufschwung der Automarke weiter anzutreiben. „Genau wie die Formel 1 wächst weltweit auch der Reiz der Marke Cadillac“, so GM-Präsident Mark Reuss kürzlich bei der Bekanntgabe der neuen Partnerschaft mit Andretti. „Cadillac ist derzeit eine der am schnellsten wachsenden Luxusmarken. Das lässt sich an den Verkaufszahlen ablesen.“ Cadillac wolle auch bei den 24 Stunden von Le Mans dieses Jahr dabei sein. „Indem wir in IMSA, WEC und der Formel 1 starten, bietet sich Cadillac die Möglichkeit, Technologie und Innovation zur Schau zu stellen, wenn wir gegen die besten Luxusmarken der Welt antreten. Bei GM haben wir eine Tradition, die Technologie von der Rennstrecke zurück auf die Straße zu bringen“, so Reuss.

Wer liefert den Antrieb?

Das ist noch unklar. General Motors wird es vorerst nicht sein. Ähnlich wie bei Aston Martin wäre Cadillac erstmal nur ein Titelsponsor mit gewissen technischen Extras. Der Motor kommt vorerst aus anderem Hause.

Eine Kooperation mit einem F1-Hersteller soll es aber schon geben. „Wir haben eine unterzeichnete Vereinbarung mit einem Motorlieferanten für den Anfang“, sagt er. „Und dann, wenn wir vorankommen, bringen wir viel von unserem Know-how ein, um auch Dinge für die Zukunft zu entwickeln.“

Es gibt zwei aussichtsreiche Kandidaten für die Power Unit. Einerseits wird immer wieder Renault genannt. Die Franzosen, die aktuell das eigene Werksteam Alpine beliefern, sind seit einiger Zeit auf der Suche nach einem Kundenteam. Bisher jedoch noch ohne Erfolg.

Der zweite und wohl wahrscheinlichere Hersteller, der infrage käme, wäre Honda. Der japanische Konzern verabschiedete sich 2021 eigentlich aus der Formel 1. So ganz ist das Interesse jedoch nicht verschwunden. Honda soll bereits signalisiert haben, dass man für das Reglement ab 2026 wieder Antriebe produzieren wolle. Zudem kennen sich Cadillac und Honda bereits von anderen Projekten.

Wie sieht die Partnerschaft aus?

Wie bereits erklärt, wird der Motor zumindest am Anfang nicht aus dem Hause General Motors kommen. Die Partnerschaft solle jedoch „über die Cadillac-Lackierung hinausgehen“, so Reuss. Andretti sollen zudem alle Rennanlagen von General Motors zur Verfügung stehen.

„Die umfangreichen technischen Ressourcen von GM werden nachweisliche Erfolge und wertvolle Beiträge zu dieser Partnerschaft liefern“, so Reuss. „Dazu gehören alle Talente und Fähigkeiten der Mitarbeiter und Einrichtungen von GM Racing in Michigan, im Warren Tech Centre, und in North Carolina sowie das Fachwissen unserer Ingenieure und Konstrukteure in den Bereichen Verbrennung, Batterietechnologie, Aufladung, Fahrzeugintegration.“

Wie weit ist Andretti in der Entwicklung?

Über die Entwicklung eines Autos lässt sich auch aufgrund des noch nicht feststehenden Einstiegs geschweige denn des Datums nichts sagen. Bekannt ist jedoch schon, dass Andretti derzeit ein neues Headquarter in Fishers, einem Vorort von Indianapolis, Indiana, bauen lässt. Dort soll die Entwicklung aller Autos für sämtliche Motorsportarten konzentriert werden. Laut Mario Andretti soll das neue Hauptquartier größer als das von Ferrari in Maranello werden.

Zudem stellt Andretti Autosport schon zahlreiche Mitarbeiter ein. „Wir haben eine Menge Leute eingestellt“, so Michael Andretti. „Wir haben bereits eine ganze Reihe von Leuten, die für uns arbeiten. Wir haben die wichtigsten Ingenieure angeheuert. Also ja, wir sind sehr weit in der Entwicklung und all das. Wir haben unseren technischen Direktor bereits eingestellt, und das werden wir auch noch bekannt geben.“

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Was sagt die FIA?

Der Motorsport-Weltverband steht weiteren Teams in der Formel 1 offen gegenüber. FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem lud quasi höchstpersönlich neue Teams ein. Zu Wochenbeginn hat er den Wunsch für eine Vergrößerung des Starterfeldes kundgetan. Er habe einen entsprechenden „Prozess der Interessenbekundung für potenzielle neue Teams“ in die Wege geleitet.

Später betonte er noch einmal, dass er sich über die Nachrichten aus dem Hause Andretti freue. „Ich begrüße die Nachricht von der Partnerschaft zwischen Cadillac und Andretti, und die FIA freut sich auf weitere Diskussionen über das Interessenbekundungsverfahren für die FIA F1-Weltmeisterschaft.“

Was sagen die Formel-1-Teams?

Richtig gut zu sprechen sind die meisten der Formel-1-Teams nicht auf das Vorhaben von Andretti. Die Teams befürchten eine Verwässerung der Einnahmen. Sie müssten den fetten F1-Kuchen durch elf teilen statt wie bisher durch zehn. Lediglich McLaren und Alpine sollen einem gänzlich neuen Team ohne Vorbehalte gegenüberstehen. Andretti sprach vergangenen Sommer schon von einem „Haifischbecken“. Damit diese Haie sich nicht gleich auf das neue Team stürzen, gibt es eine Art Startgebühr von 200 Millionen Euro, die eine erste Verwässerung auffangen soll. Kein Problem für Andretti Cadillac.

„Andretti ist ein Name, das ist sicher“, erklärte Mercedes-Boss Toto Wolff bereits im März vergangenen Jahres. „Und der amerikanische Markt ist wichtig. Aber jedes Team, das neu hinzukommt, muss einen Mehrwert schaffen, das heißt, es muss einen Mehrwert bieten. Und zwar nicht nur durch die Zahlung von 200 Millionen Dollar Startgeld.“ Ein großer Teil dieses Mehrwerts soll durch die Partnerschaft mit Cadillac nun erfüllt sein.

„Die große Frage war bislang: Was bringt Andretti an den Tisch?“, erklärte Andretti am Donnerstag. „Tja, jetzt bringen wir einen der größten Autohersteller der Welt an den Tisch. Das sollte eine Box sein, die wir jetzt abgehakt haben, die vorher noch gefehlt hat. Jetzt wird es für die anderen schwer, daran zu zweifeln, dass wir der Formel 1 etwas einbringen.“

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Wann wäre ein Einstieg möglich?

„Wir werden so schnell auf der Strecke sein, wie es Sinn macht“, sagte Andretti am Donnerstag bei der Verkündung der Andretti-GM-Partnerschaft. Details dazu blieben Andretti und General Motors aber schuldig. So forsch, wie die Andrettis den Einstieg forcieren, würden sie am liebsten wohl schon 2024 an den Start gehen wollen. Das ist jedoch unwahrscheinlich, da allein schon der von FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem angekündigte Interessensbekundungs-Prozess mehrere Monate dauern wird. Wahrscheinlicher wäre daher ein Start in 2026, wenn das neue Reglement in Kraft tritt.

Wer wird für Andretti Cadillac fahren?

Eine Fahrerpaarung ist logischerweise ohne Starterlaubnis und -termin noch nicht festgelegt. Als sicher gilt jedoch, dass mindestens einer der Auserwählten US-Amerikaner sein wird.

(Brand/sport.sky.de).

Beitragsbild: Imago.