Nach Supercup: Steinhaus beendet Schiedsrichter-Karriere

Abpfiff für eine Pionierin: Bibiana Steinhaus beendet ihre einzigartige nationale und internationale Schiedsrichterkarriere.

Die Vorkämpferin für Schiedsrichterinnen in der Männer-Domäne Fußball-Bundesliga tritt mit dem Supercup zwischen Bayern München und Borussia Dortmund am Mittwochabend ab – sechs Jahre, bevor die 41-Jährige die Altersgrenze erreichen würde.

„Wie viele Menschen in der Zeit der Corona-Situation habe ich manches reflektiert und neu bewertet“, sagte Steinhaus. Nach einem Gespräch mit Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich habe sie „nach sorgfältiger Abwägung vieler Faktoren“ entschieden, ihre Laufbahn zu beenden. Über die Gründe will sie sich später ausführlich äußern.

Noch am Mittwochmorgen hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Steinhaus‘ Einsatz beim Supercup in München offiziell gemacht, die Polizistin aus Langenhagen ist die erste Frau, die dieses Spiel leitet. Dass es auch ihre Abschiedsvorstellung werden könnte, deutete sich an, als wenig später Berichte über ein Karriereende die Runde machten. Es ist das Finale einer beispiellosen Laufbahn.

Die Gründe liegen anscheinend im Privaten, denn grundsätzlich könnte Steinhaus noch bis 47 weitermachen. Seit vier Jahren ist sie mit Englands früherem Top-Schiedsrichter Howard Webb zusammen, der in New York lebt. Ihn konnte sie in der Coronazeit lange nicht sehen. Manche Dinge haben eben Vorrang, auch wenn man eine der Besten des gesamten Berufsstandes ist.

DFB-Präsident Fritz Keller bedauerte die Entscheidung. „Der deutsche Fußball muss künftig nicht nur auf eine herausragende Schiedsrichterin verzichten, sondern verliert auch eine außergewöhnliche Persönlichkeit und Pionierin in einer Männerdomäne“, sagte Keller. Steinhaus werde ein Vorbild bleiben. Auch DFL-Boss Christian Seifert erklärte, Steinhaus habe sich „fest im Kreise der Bundesliga-Schiedsrichter etabliert und sich mit ihren Leistungen Respekt und Anerkennung verdient“.

Bundesliga-Debüt bei Hertha – Werder

Denn sie war längst eine Weltklasse-Schiedsrichterin, bevor sie am 10. September 2017 beim Spiel Hertha BSC gegen Werder Bremen ihr Bundesliga-Debüt bei den Männern gab. Zehn Jahre lang hatte sie in der 2. Liga gepfiffen, sie jagte bei den Frauen auf globaler Bühne von einem Erfolg zum nächsten: viermal war sie Weltschiedsrichterin, dreimal bei Welt-und Europameisterschaften dabei , siebenmal war sie die Beste Deutschlands. Dazu kamen einzigartige Momente wie die Leitung der Endspiele bei der Frauen-WM 2011 und beim Olympischen Frauen-Turnier ein Jahr später in London.

Es ist eigentlich ein Wunder, dass es so lange gedauert hat, bis sie auch in der Eliteklasse der Männer auf den Platz durfte. Dort war sie seit 2017 23-mal als Hauptschiedsrichterin tätig und verteilte insgesamt 65 Gelbe Karten – aber keinen Platzverweis. Auch das gab es vorher nie. Ihre letzte Bundesliga-Partie bleibt die Paarung Union Berlin gegen den SC Paderborn (1:0) vom 32. Spieltag der Vorsaison.

An diesem 16. Juni war ihre einzigartige Bundesliga-Karriere bereits Geschichte, ohne dass es jemand wusste. Bis zum letzten Pfiff der Pionierin sollte es noch dreieinhalb Monate dauern.

(SID)

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