Nachwuchsförderung soll Legionäre in ICE reduzieren

Jochen Pildner-Steinburg hat sich im Jänner der Wahl des Präsidenten der österreichischen Eishockeyliga gestellt und amtiert seit Juli. Statt Aufbruch in eine neue Ära mit neuem Hauptsponsor war für den 73-jährigen Steirer aber Krisenmanagement angesagt. Pildner-Steinburg hofft, dass alle Vereine die Corona-Krise überstehen und will danach seine Vorstellungen umsetzen.

Die Reduzierung der Legionäre ohne Zwang, sondern aufgrund verbesserter Nachwuchsarbeit, ist eines der Ziele. In drei Jahren hofft er auf Ergebnisse und verweist auf den Weg, den die Vienna Capitals oder der KAC schon jetzt gehen. Dem neuen Präsidium des österreichischen Eishockey-Verbands (ÖEHV) verspricht der langjährige Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark harte Verhandlungen, wenn es um eine Nachfolgelösung für den nach dieser Saison auslaufenden Vertrag zwischen Liga und Verband geht.

APA: Sie sind im Jänner zur Wahl angetreten, was ist von Ihren Schwerpunkten für diese Saison übrig geblieben?

Pildner-Steinburg: „Relativ wenig. Wir hatten vor, dass wir organisatorische Änderungen in der Liga und der Ligaführung machen. Strategische und strukturelle Änderungen waren jetzt nicht möglich, weil wir in erster Linie damit beschäftigt sind, ein Konzept zu machen, um die Liga zum Fahren zu bringen.“

Wie läuft die aktuelle Planung unter so schwierigen Bedingungen?

„Ich komme aus der Wirtschaft, habe schon öfter Krisen mitgemacht. Man muss immer mehr Szenarien planen. Ein Szenario ist, wir spielen ab 25. September eine internationale Meisterschaft durch. Parallel wird überlegt, was passiert, wenn die Ausländer ausfallen, z.B. durch Grenzsperren, dann müssen wir zurückgehen und eine österreichische Liga spielen. Dann wurde ein Konzept aufgesetzt, was passiert, wenn das eine oder andere Spiel nicht gespielt werden kann, was haben wir für Ersatztermine. Und wir müssen natürlich planen, was wir natürlich überhaupt nicht wollen, wenn überhaupt nicht gespielt werden kann. Dazu kommt noch, sollten die Hallen gesperrt werden oder nur wenige Zuschauer zugelassen werden, da arbeiten wir an Streaming-Lösungen, dass aus den Hallen jeder Verein sein Spiel anbietet. Wir sind sehr gut gerüstet.“

Können Sie einen wirtschaftlichen Einblick geben, was die Einschränkungen bedeuten?

„Wir haben überlegt und heftig diskutiert, mit wie vielen Zuschauern können die einzelnen Vereine überleben. Das ist unterschiedlich. Salzburg kann überleben, Dornbirn oder Innsbruck, um nur Namen zu nennen, nicht. 1.500 Zuschauer sind eine Grenze, mit der die Vereine in der Anfangsphase überleben können. Das zweite ist, dass wir stark damit rechnen, dass der Fonds, den die Regierung aufgelegt hat, uns hilft, wenn irgendetwas passiert. Da haben wir gute Signale bekommen vom Vizekanzler.“

Wie hoch schätzen Sie den Einnahmenverlust?

„Zwischen 15 und 30 Prozent muss man rechnen.“

Bei einem Worst-Case-Szenario, glauben Sie, dass alle Vereine überleben?

„Es geht an die Existenz. Dann wird es so sein, dass möglicherweise der eine oder andere Verein – ich sage es auf steirisch – die Patschn streckt und wir ihn verlieren. Ich bin auch nicht sicher, dass wir über die gesamte Saison – es ist kein Geheimnis, dass wir das Problem in Linz und strukturelle Probleme haben – dass der eine oder andere Verein aus wirtschaftlichen Gründen in Schwierigkeiten geraten könnte.“

Sie sprechen den Streit in Linz an – wie sehen Sie die Situation?

„Es war eine strittige Situation, beide Vereine haben die Aufnahme beantragt. Die Black Wings haben glaubwürdig bewiesen, dass sie solvent sind, Ausschluss war also absolut kein Thema. Wir haben EHV Linz aufs Wartegleis geschoben, das ist vereinbart in dieser Form; sie haben dann den Trick versucht, mit der Lizenz von Znojmo in die Liga zu kommen, wir haben gesagt, kommt nicht in Frage. Wir hoffen, obwohl wir alle das nicht wissen, dass die Linzer (Anm.: Black Wings) durchhalten, wie es jetzt aussieht ja.“

Glauben Sie, dass zwei Linzer Vereine in der Liga spielen können?

„Das ist eine sehr berechtigte Frage. Linz hat sehr großes Potenzial, die Black Wings haben das aufbereitet. Es ist noch größeres Potenzial da, aber es ist insgesamt sicher keine gesunde Entwicklung. Ich hoffe, dass über diese Periode hinweg sich dieser Streit legt und die Leute zusammen finden. Die Zeit, wie wir wissen, heilt Wunden. Vielleicht sind sie vernünftig, das ist meine größte Hoffnung.“

Wir haben über die ursprünglichen Pläne gesprochen – wie wären die gewesen?

„Es geht mir in erster Linie darum, dass Eishockey in Österreich noch immer nicht den Stellenwert hat, der ihm zusteht. Wir haben immerhin fast eine Million Zuseher, das ist schon wert, dass das in der öffentlichen Wahrnehmung besser rüberkommt. Womit wir dann auch wirtschaftlich und im Sponsorenbereich für die Vereine mehr Potenzial schöpfen können. Wir wollen, dass die Liga planbarer wird für die Zukunft. Dann haben wir sehr viel im Bereich der Jugendarbeit zu tun. Wien geht erfreulicherweise den Weg, der KAC und Salzburg auch. Das wollen wir entsprechend forcieren. Die Liga spielt europaweit auf hohem Niveau, ist in Europa ziemlich im Spitzenfeld. Aber das Nationalteam liegt momentan auf Platz 17. Wir müssen langfristig sichern, durch Maßnahmen auch aus der Liga, dass wir ständiger Partner der obersten Spielklasse sind. Dazu braucht man auch einen starken Verband, aber das ist leider momentan anders.“

Der Vertrag mit dem Verband läuft nach dieser Saison aus. Im Verband gibt es Streit (im Zuge der Vorstandwahl), sie haben neue Ansprechpartner …

„Wir haben unsichere Ansprechpartner, wir haben jetzt einmal einen neuen Geschäftsführer auf der anderen Seite. Ich habe noch keine Gespräche geführt, weil für mich ist es noch ein schwebendes Verfahren. Es gab Kontaktgespräche zwischen (Liga-Geschäftsführer Christian) Feichtinger und dem Geschäftsführer. Hoffentlich kommen sie bald in die Spur, dass sie aktiv werden können. So wie momentan der Status ist, ist es für das Eishockey in Österreich höchst ungesund. Wir sagen ganz offen, wir haben unsere Dinge ohne Verband geklärt. Die Verhandlungen, die kommen, werden hart werden, das ist überhaupt keine Frage. Sehr hart. Wir haben unsere Vorstellungen, was wir wollen und wie wir es wollen, und ich bin, was das betrifft, ein harter Verhandler.“

Was wollen Sie?

„Die Eigenständigkeit der Liga weiter erhalten. Wir haben bewiesen, dass die Liga ein tragendes Element des Eishockey in Österreich ist. Wir wollen weitgehende Autonomie haben. Die Frage der Lizenzgebühren, die wir bezahlen, wird zu verhandeln sein. Ein großes Thema wird die Ausländerfrage sein, da werden wir unsere Wünsche deponieren. Dann schauen wir, was rauskommt dabei.“

Was sind Ihre Pläne betreffend Legionäre?

„Man sieht, die Vereine tun sehr viel für die Jugendarbeit. Es gibt noch ein Gefälle, der eine oder andere hat noch keine Akademie. In vielen Städten wird mittlerweile aber sehr gut gearbeitet. Das fruchtet dann, so wie in Wien jetzt. Ich habe mir das Spiel Graz – Wien angeschaut, da waren lauter junge Burschen auf dem Eis. Und sehr gute. Wien wird in weiterer Zukunft, wenn auch die anderen Vereine ein bisschen Vernunft einkehren lassen, selbstständig, ohne dass ich was vorgebe, von der Zahl xy runterkommen. Wir brauchen das, das ist auch eine wirtschaftliche Frage. Das passiert in Wien, in Klagenfurt, jetzt teilweise bei uns in Graz, in Linz schon längere Zeit. Es wird nicht mehr notwendig sein, dass wir auf die maximale Zahl an Ausländern zurückgreifen. Ich bin kein Freund von Verboten. Wir müssen schauen, dass wir eine sportlich wertvolle, wettbewerbsfähige Liga zusammen bringen, die wirtschaftlich gesichert ist und die auch dem österreichischen Nachwuchs entsprechende Möglichkeiten bietet.“

Wie ist Ihr Zeithorizont?

„Wir müssen schauen, dass wir in den nächsten drei Jahren herunterkommen. Das hängt von der Ausbildung ab, deshalb ist der Verband wichtig, damit das Nachwuchsprogramm adaptiert wird. Es hat keinen Sinn, wenn Jugendliche am Sonntag nach Bregenz oder Dornbirn fahren und am Montag in der Früh wieder in die Schule gehen müssen. Da muss endlich Vernunft einkehren. In drei Jahren soll es möglich sein, mit den Akademien leistungsstarken Nachwuchs heranzuführen. Und dann daran zu denken, dass man freiwillig die Anzahl der Legionäre reduzieren wird können.“

Legen Sie sich auf eine Zahl fest?

„Nein, will ich nicht. Es muss erarbeitet, ganz konstruktiv ermittelt werden, wieviel Nachwuchs wir haben, damit nicht irgendwer benachteiligt wird. Dass wir nicht in eine Situation kommen, dass wir in Wien oder Klagenfurt viele Jugendliche haben, in Dornbirn und in Innsbruck keine und die bekommen dann nur fünf Legionäre bewilligt. Dann sind wir nicht konkurrenzfähig.“

Sehen Sie das Jahr heuer auch Chance als zu zeigen, dass es gute Junge gibt?

„Ja, das ist genau der Punkt. Es ist die Zeit, es ist der Moment gegeben. Vereine tun das ja schon. Nur um ein Beispiel zu nennen: Wir jammern über die Torhüterproblematik. Ich habe in den letzten 14 Tagen drei großartige junge österreichische Torhüter gesehen, die haben schon Liganiveau. Da brauchen wir uns langfristig keine Sorge machen, es kommt, es funktioniert. Und man kann bemerken, dass auch in der Jugendarbeit professionelle Trainer am Werk sind. Es ist nicht mehr so das man sagt, mach du halt die Jugend.“

(APA)

Artikelbild: GEPA