ÖFB-Frauen nach geplatztem WM-Traum im Tal der Tränen

Aus der Traum statt einem „Heim-Finale“ am Dienstag in St. Pölten: Österreichs Frauen-Fußball-Nationaltem muss nach der bitteren 0:1-Niederlage nach Verlängerung in Glasgow gegen Schottland am Donnerstag zumindest weitere fast fünf Jahre auf die erste WM-Teilnahme der Verbandsgeschichte warten. Die Stimmung war nach dem Out in der ersten europäischen Play-off-Runde dementsprechend, Torfrau Manuela Zinsberger und Co. waren nach Schlusspfiff im Hampden Park im Tal der Tränen.

ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann versammelte ihr Team wie immer in einem Kreis am Platz. „Ich habe ihnen gesagt, dass es in dem Moment nicht die richtigen Worte gibt, ich ihnen aber keinen Vorwurf machen kann, weil sie alles versucht haben und dass es gute Sportler auszeichnet, an so einer Niederlage zu wachsen, auch wenn das die WM nicht wieder herbringt“, gab die 42-jährige Wienerin Einblick. Bei ihr zeigte sich wie nahe Erfolg und Misserfolg beieinanderliegen. Am Vorabend der Partie wurde sie bei der Sporthilfe-Gala als Trainerpersönlichkeit des Jahres geehrt, am Tag darauf folgte ihre wohl bitterste Niederlage als Trainerin.

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Die zeichnete sich schon vor der Pause ab, da das ÖFB-Team nicht in die Partie hinein fand. „Ich bin der Meinung, dass nicht jede Spielerin am Limit war. Das kannst du dir in so einem Spiel nicht leisten“, wusste Fuhrmann. Schon beim Lehrgang Anfang September, als es nach einer 0:2-Niederlage gegen England einen 10:0-Sieg gegen Nordmazedonien gegeben hatte, habe man nicht so performt wie bei der EM. „Das war auch jetzt ausschlaggebend.“

Den rot-weiß-roten Nackenschlag fixierte mit Abigail Harrison (92.) eine Wechselspielerin. Chancen waren zuvor auf beiden Seiten Mangelware gewesen. Die besten auf österreichischer Seite fand neben einem Oberkanten-Lattenschuss von Julia Hickelsberger-Füller (43.) die eingewechselte Katja Wienerroither vor, die zweimal (85., 87.) im Abschluss glücklos agierte. „Am Ende waren wir zu harmlos nach vorne hin und hinten darfst du so ein Tor aus einer Standardsituation nicht bekommen“, resümierte die ÖFB-Teamchefin.

Einige Spielerinnen laut Fuhrmann „nicht am Limit“

Bei ihren Kickerinnen war Selbstkritik angesagt. „Uns hat ein bisschen die Energie gefehlt. Wir sind nicht wirklich ins Pressing gekommen, das ist eher ungewöhnlich für uns“, meinte Offensivspielerin Laura Feiersinger. Einigen hätte aufgrund von Ligaeinsätzen am Sonntag vielleicht ein bisschen die Frische gefehlt. „Das Wetter war auch nicht gerade super, der Platz sehr tief, das ist alles ein bisschen dazugekommen“, so die Frankfurt-Legionärin.

Die Schottinnen kamen mit den „britischen“ Verhältnissen besser zurecht, bei den Gästen könnte sich das seit der Ankunft am Montag durchgehende Regenwetter samt Wind auch etwas auf das Gemüt geschlagen haben. So blieb die Nummer 23 der Welt gegen die Nummer 20 erfolgreich. „Es ist eine große Enttäuschung da, weil die Mannschaft WM-reif gewesen wäre“, meinte Fuhrmann. Deshalb ärgerten sich auch die Spielerinnen richtig. „Wir wissen, dass wir besser sind, als wir es gezeigt haben. Das ist das Bittere. Dass wir nicht zur WM fahren ist sehr schmerzhaft“, so Feiersinger.

Passend zum Wetter flossen viele Tränen, bei einigen dauerte es eine Zeit bis sie sich gefasst hatten, um zum Interview erscheinen zu können. „Niederlagen tun unglaublich weh. Ich war im Tal der Tränen, in der Kabine war Stille, Leere“, sagte Zinsberger. Nachwirken wird die Niederlage länger. „Es wird noch ein bisschen dauern, bis wir es wirklich verstanden haben, dass der WM-Traum geplatzt ist“, verlautete Stürmerin Nicole Billa, die „richtig sauer und enttäuscht“ war. Laut Feiersinger werde es erst im Sommer 2023 richtig wehtun, wenn die Endrunde in Australien und Neuseeland stattfindet.

ÖFB-Auswahl fehlte „Energie“

Ob zu dem Zeitpunkt noch alle aktuellen Teamspielerinnen im ÖFB-Kader dabei sind, wird sich erst weisen, ist für die eine oder andere doch in Schottlands Nationalstadion ein Lebenstraum geplatzt. „Wir werden sehen ob jetzt was passiert, das kann ich noch nicht abschätzen“, sagte Fuhrmann. Keine Sorgen muss man sich bei Feiersinger machen, kündigte sie doch an, noch einen WM-Anlauf starten zu wollen.

Für das Team gilt es den Blick nach vorne zu richten. Das ist schwierig, da das nächste Großereignis mit der EM erst 2025 ansteht. „Zeit heilt Wunden“, war sich Zinsberger sicher. Misserfolge würden dazugehören. „2017 bei der EM ist es gut gelaufen und 2022 auch. Jetzt einmal nicht. Es ist normal, dass auch bei uns irgendwann ein Hänger drinnen ist“, gab die Arsenal-Legionärin preis. Statt nach dem EM-Viertelfinale mit der ersten WM-Teilnahme für das nächste Highlight zu sorgen, wartet eine längere pflichtspiellose Zeit. Ob dadurch der Frauenfußball in Österreich wieder einen Rückschlag erleidet, wird sich zeigen.

„Klar ist es keine gute Situation, weil es wichtig gewesen wäre, weiter sichtbar zu bleiben“, war sich Fuhrmann bewusst. Faktum ist aber auch, dass schon die WM-Play-off-Teilnahme ein historischer Erfolg war, das Jahr 2022 war somit objektiv gesehen unter dem Strich ein erfolgreiches. „Wenn man sieht was wir alles erreicht haben, darf das jetzt den Frauenfußball auf keinen Fall zurückwerfen“, meinte Billa.

(APA)/Bild: GEPA