Rapid braucht gegen Cup-Hürde St. Pölten „mehr Mut“

St. Pölten/Wien (APA) –  Schon seit Wochen wird im Umfeld von Fußball-Rekordmeister Rapid über das „Spiel der letzten Chance“ auf den Europacup geredet. Die Sportliche Leitung der Hütteldorfer spielte die Bedeutung des Cup-Viertelfinales am Mittwoch in St. Pölten allerdings herunter. „Wir denken im Moment sicher nicht europäisch“, sagte Sportchef Fredy Bickel. Stefan Schwab forderte „mehr Mut“ in der Offensive.

Nachdem Rapid zuletzt sechs Jahre hintereinander immer in einem europäischen Wettbewerb vertreten war, würde eine Niederlage gegen den Bundesliga-Konkurrenten de facto besiegeln, dass die nächste Europacup-Saison ohne die Wiener über die Bühne geht. In der Liga ist Rapid als Siebenter von den Europacup-Plätzen punktemäßig meilenweit entfernt. Die Sichtweise des ÖFB-Cups als Rettungsanker sei intern jedoch nicht existent, versicherten die Grün-Weißen am Dienstag.

„Im Moment ist es schlicht und einfach auch so, dass wir das gar nicht verdient haben“, erklärte der Schweizer Bickel. Das Wort Europacup sei im Allianz Stadion praktisch tabu. „Mental müssen wir sicher so ins Spiel gehen, dass wir nicht daran denken, dass es unsere letzte Chance für den Europacup ist“, meinte Schwab. „Es ist ein Bewerb, wo wir einfach in die nächste Runde kommen wollen.“

Das Spiel sei gleichermaßen die nächste Chance, um die Negativspirale zu stoppen, erklärte Bickel. Unter Trainer Damir Canadi hat Rapid im Jahr 2017 noch kein Pflichtspiel gewonnen. Zuletzt gab es am Samstag gegen den Cup-Gegner St. Pölten nach Führung ein 1:1-Remis. „Es ist natürlich ein ganz wichtiges Spiel. Es gibt kein Unentschieden. Es gibt nur Sieg oder Verlieren“, stellte Canadi klar.

Mit der Leistung in der ersten Hälfte am Samstag zeigte sich der in der Kritik stehende Coach zufrieden, ortete jedoch eine zunehmende Verunsicherung seiner Spieler nach dem Seitenwechsel. Darunter habe das Laufverhalten gelitten. „Das hat auch mit Mut und Mentalität zu tun“, verriet der Wiener. „In dem Sinn, dass wir den Ballführenden nicht so unterstützt haben, dass wir wie in der ersten Hälfte die Laufwege angeboten haben, weil jeder wieder ein bisschen Angst gekriegt hat, zu verlieren“, ergänzte Schwab.

„Morgen ist es ein ganz anderer Bewerb, da müssen wir unser Heil in der Offensive suchen, unsere Laufwege einnehmen, viel mehr Mut haben und den Ballführenden unterstützen“, sagte der Mittelfeldspieler. Die von Schwab als „an sich stabil“ bezeichnete Defensive muss auf den am Montag erkrankten Mario Sonnleitner verzichten. Maximilian Hofmann hingegen gab Grünes Licht.

St. Pölten möchte die Misere der Hütteldorfer verschärfen. Das Spiel vom Samstag habe gezeigt, dass Rapid schlagbar ist, meinte Trainer Jochen Fallmann. „Die Chancen stehen 50:50. Rapid ist grundsätzlich höher einzuschätzen, aber wir spielen zu Hause. Die Mannschaften sind im Moment auf Augenhöhe“, sagte der Niederösterreicher. „Natürlich wäre es mit Blick auf das Meisterschaftsspiel gegen die Austria angenehm, keine Verlängerung spielen zu müssen“, fügte er hinzu.

Personell kann Fallmann aus dem Vollen schöpfen. Auch Christopher Drazan nahm nach überstandener Nebenhöhleninfektion wieder am Training teil. Während Rapid mit dem Cup-Bewerb seit dem bisher letzten Triumph 1995 auf dem Kriegsfuß steht, kann man St. Pölten fast als Spezialist bezeichnen. Nach dem Finaleinzug 2014, der den „Wölfen“ auch die Teilnahme an der Europa-League-Qualifikation bescherte, scheiterten die Niederösterreicher in der Vorsaison erst im Halbfinale an Admira Wacker. Bis Dienstagmittag waren 6.000 Karten für das Spiel in der NV Arena verkauft.

Ob Canadi bei einer Niederlage am Mittwoch auch am Samstag in Ried noch auf der Rapid-Trainerbank sitzen wird, wollte Bickel nicht beantworten. „Es ist so, dass ich es nicht von den Resultaten abhängig mache, aber dass ich auch weiß, wenn du dann nur noch verlierst und keine Resultate hast, musst du irgendwann eine Notbremse ziehen“, meinte der Schweizer. Das Band zwischen Trainer und Team sei jedenfalls nicht zerschnitten. „Die Mannschaft zeigt mir einmal mehr, dass sie das will, dass sie alles versucht.“

Beitragsbild: GEPA Pictures