Salzburg-Tormann Coronel: „Ich war im Kopf bereit“

Plötzlich Champions League. Von null auf hundert. Das ist die Geschichte von Carlos Miguel Coronel. Doch wer ist der kaum bekannte Salzburg-Tormann?

Kein Selbstdarsteller, kein Schreier. Ruhig, sachlich, unauffällig. So beschreiben sie den Tormann, der vor ein paar Monaten noch weit weg war von der Champions League. Von Salzburg auch. Sehr weit sogar.

Das USA-Abenteuer:

Ernst Thanner, viele Jahre erfolgreich Salzburger Nachwuchsleiter und mittlerweile Sportchef bei Philadelphia in der MLS, lieh erst im Winter den Tormann aus, dem sie in Salzburg keine Perspektive mehr bieten konnten. Für Liefering zu alt, für die Bullen nur Nummer 3.

Doch die erhoffte Spielpraxis gab es in Amerika nicht. Nur 4 Matches in der MLS und 8 weitere für das Farm-Team sollten es in einem halben Jahr werden.

Die Salzburg-Rückkehr:

Was für ein Jahr anberaumt war, endete schon nach ein paar Monaten. Beim Anruf aus Salzburg im Sommer musste der ehemalige Tormann des FC Liefering (67 Spiele) nicht lange überlegen. Nach der schweren Verletzung von Alexander Walke (Fußwurzelbruch) war man auf der Suche nach einem Stankovic-Backup schnell fündig. Für beide Seiten praktisch: Man weiß, was man bekommt.

Die Stankovic-Verletzung:

Der Schreck war groß, als sich Einsertormann Cican Stankovic beim Heimspiel gegen Napoli schon in der ersten Hälfte an den Oberschenkel griff. Nach kurzer Behandlung war klar: es geht nicht mehr weiter für den Teamtormann und es wird ernst für Coronel. Es ist reiner Zufall, dass er und nicht Philipp Köhn, mit dem er sich auf der Ersatzbank immer wieder abwechselte, dort saß.

Die Leistungen:

Bei den Gegentoren zum 1:2 und zum 2:3-Endstand gegen die Italiener ist Coronel machtlos, sonst gibt es kaum was zu tun. Der 22-Jährige wirkt nach außen hin cool und strahlt Ruhe aus. Er nutzt seine Chance und bleibt auch in der Liga und ÖFB-Cup im Tor der Bullen. Es sind mittlerweile sieben Pflichtspiele geworden, drei davon enden zu Null. Da Stankovic zwar schon wieder im Training, aber noch nicht matchfit ist, absolviert Coronel gegen Genk sein drittes Spiel in der Champions League.

Die Stärken:

„Er hat viel Gefühl für die Mannschaft“, urteilt Trainer Jesse Marsch, dem es einen „großen Spaß“ macht, „wenn einer bei seiner Chance liefert“. Coronel, den die Mitspieler in Anspielung auf die Ähnlichkeit zum Welttorhüter von Gruppengegner Liverpool „Allison“ rufen, ist ein sehr solider Tormann in allen Bereichen: gut auf der Linie, gutes Timing und mutiges rausgehen bei Flanken sowie ein gutes Passspiel. Auch mental ist er auf der Höhe: „Jeder Spieler will spielen. Wenn man nicht die Chance bekommt, muss man noch mehr arbeiten. Man muss topvorbereitet sein, wenn was passiert. Ich war im Kopf bereit!“

Das Privatleben:

„Meine Familie lebt in Brasilien. Ich habe in Salzburg eine Freundin gefunden und einen Hund“, sagt Coronel mittlerweile in gutem und flüssigen Deutsch. Vor allem mit dem brasilianischen Mannschaftskollegen Andre Ramalho verbringt der Tormann viel Freizeit.

Die Zukunft:

Wenn Stankovic hundert prozentig fit ist, spielt er. Dann heißt es für Coronel wieder zurück in die zweite Reihe. Dort gibt es bald auch wieder Alexander Walke. „Aber es ist eine Extramotivation, wenn du spielst.“ Der Tormann hat gezeigt, dass er mehr als nur ein Lückenbüßer sein kann. Der Vertrag in Salzburg läuft bis 2021.

Artikelbild: GEPA