Sturm erarbeitet sich mit Remis in Rom zwei „Finalspiele“

Sturm Graz steuert in der Fußball-Europa-League auf ein Herzschlagfinale zu. Mit dem spektakulären 2:2 im hektischen Schlagabtausch mit Lazio in Rom hielten sich die Grazer alle Aufstiegsoptionen offen. Die Mannschaft von Christian Ilzer blickte bereits vor dem Rückflug mit Revanchegelüsten zum in zwei Wochen anstehenden „Rückspiel“ gegen Feyenoord in Graz. Der überraschende Punktgewinn in Italien wurde mit gemischten Gefühlen eingeordnet.

„Ich bin ein bisschen hin- und hergerissen, man muss hier zufrieden sein, aber ich bin auch ein bisschen enttäuscht“, befand Goalie Jörg Siebenhandl. Er und seine Kollegen hatten sich zunächst nur widerwillig von den laut Clubangaben 1.500 mitgereisten Sturm-Fans feiern lassen. Im Vorfeld illusorisch, nun aber wahr: Die kleine Enttäuschung, dass in den Duellen mit Lazio eine dickere Ausbeute als die nunmehrigen zwei Punkte möglich war, klatschte bei der Verabschiedung mit.

Weil auch Feyenoord und Midtjylland neuerlich remisierten (2:2), halten alle vier Teams nach vier von sechs Spielen bei fünf Punkten. „Dass die Gruppe so offen ist, hätte ich nicht erwartet. Wir haben alle Trümpfe in der eigenen Hand“, befand Siebenhandl, dessen Truppe zum Abschluss in Dänemark gastiert. Die ersten beiden Teams steigen auf, der Dritte steigt in die K.o.-Phase der Conference-League um. „In der Gruppe ist alles offen, wir haben zwei Finalspiele für uns und brennen schon auf das Spiel gegen Feyenoord“, meinte Ilzer, nicht ohne die reife Leistung seiner Mannschaft gegen Lazio zu würdigen.

Insbesondere die zweite Hälfte, als Sturm nach Gelb-Rot für Heißsporn Manuel Lazzari in Überzahl agierte, wertete Ilzer als „beeindruckend“. „Ärgerlich ist für mich aber, dass wir dann das Gegentor hinnehmen müssen, in einer Phase, wo wir richtig am Drücker waren.“ Einen zu wilden Auftritt seines Teams wollte sich Ilzer nicht nachsagen lassen. Man habe in einem guten Überzahlspiel bewusst erhöhtes Risiko genommen, ließ der Trainer durchblicken. Der Treffer von Pedro, bei dem letztlich auch Siebenhandl nicht gut aussah, sei Passivität geschuldet. „Lazio hat auch die individuelle Klasse mit einem Mann weniger für Gefahr zu sorgen.“

Mit etwas Schiedsrichter-Glück hätte es Sturm im zweiten Durchgang nur noch mit neun Laziali zu tun gehabt. Der aufreizend auftretende Stürmer-Star Ciro Immobile sorgte mit einem Foulelfmeter für das 1:0, tänzelte ansonsten mit Schubsern gegen Jon Gorenc-Stankovic, Gregory Wüthrich und Siebenhandl sehr knapp am Platzverweis. „Er war außer unsympathisch nur unsympathisch. Ich bin froh, dass ich ihn nicht mehr sehen muss“, befand Siebenhandl.

Ilzer ließ dies in seiner Analyse nobel außen vor. Das Spiel habe zuweilen „auf einer anderen Ebene als der rein sportlichen stattgefunden“, meinte der Trainer. Und: „Die großen Spielentscheidungen waren für mich korrekt – bis auf den Ausschluss von Lazzari, der eine Fehlentscheidung war.“ Lazios „Mister“, Maurizio Sarri, hängte dem deutschen Schiedsrichtergespann um Sascha Stegemann indes den Schwarzen Peter um: „Mir hat das Spiel gefallen, leider konnten wir es aufgrund einiger Schiedsrichterentscheidungen, die beide Mannschaften nervös machten, nicht gewinnen.“

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Dafür verantwortlich war Böving, der als anfänglicher Bankdrücker seinen ersten Europacup-Doppelpack schnürte. „Sturm Graz glänzt mit Böving: Er schafft einen Doppelpack mit der Kaltblütigkeit und dem Talent eines Starstürmers“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“ während „Tuttosport“ lobte: „Seine Schüsse sind tödlich, sein Doppelpack ist Gold wert.“

„Es zeigt, welche Qualität und welchen Kampfgeist wir als Team haben. Wir haben einen großartigen Charakter gezeigt“, sagte Sturms Offensivmann und meinte damit mutmaßlich auch sich selbst. „Seine Reaktion ist beeindruckend. Er war unglaublich fokussiert und war für mich absolut ‚Man of the Match'“, lobte Ilzer in dem Wissen, dass er den 19-jährigen Neuzugang schon zuletzt gegen Tirol auf der Bank schmoren gelassen hatte.

Böving, in seiner Heimat Kopenhagen scherzhaft „Prinz William“ genannt, will den Druck des Zwei-Millionen-Preisschilds nach dem Abgang von Rasmus Höjlund nie gespürt haben. „Ich hatte immer in Kopenhagen mit großem Druck zu tun, das ist nichts, worauf ich mich fokussiere.“ Der nunmehr für Atalanta Bergamo stürmende Höjlund schickte dem früheren Weggefährten Gratulationen aufs Handy und sagte sich Böving zufolge für ein Stelldichein beim kommenden Sturm-Heimspiel gegen den WAC am Sonntag an.

Doppelpacker Bøving: „In der Gruppe ist alles möglich“

(APA) / Bild: GEPA