Suche nach „nächsten Glasners“: Rangnick fordert Reform der Trainerausbildung

Das Erfolgsmodell von Serienmeister Red Bull Salzburg hat er mit auf den Weg gebracht. Auch beim Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) will Ralf Rangnick bleibende Spuren hinterlassen. Der Männer-Teamchef sieht die Trainerausbildung in Österreich als Schlüssel für langfristigen Erfolg. „Wir müssen schauen, dass wir in Zukunft in der Ausbildung noch viel mehr in Qualität investieren als in Quantität“, meinte Rangnick nach neun Monaten im Amt in einem Hintergrundgespräch.

Den Status der Trainerausbildung unter dem im ÖFB dafür zuständigen Gesamtleiter Thomas Eidler bezeichnete Rangnick als „richtig gut. Wir müssen aber dafür sorgen, dass sie noch besser wird. Von richtig gut zu top“, betonte der Deutsche. Eidler hatte vergangene Woche von 2022 als einem „Rekordjahr“ mit rund 2.000 ausgebildeten Trainerinnen und Trainern berichtet. Rangnick geht es aber nicht um die Masse, sondern um die absolute Spitze.

Rangnick vor Qualistart: „Werden nichts probieren oder riskieren“

Der frühere Manchester-United-Coach war im Februar bei einem gemeinsamen Workshop der Verbände aus Österreich, Deutschland und der Schweiz für angehende Pro-Lizenz-Trainer in Frankfurt vor Ort. 21 der 42 Teilnehmer kamen aus Österreich, nur sechs aus der Schweiz. Rangnick lobte die Einstiegshürden der Schweizer für die höchste Trainerlizenz, die man in Österreich nur in der Bundesliga braucht. Rangnick: „Warum bildet der ÖFB jedes Jahr doppelt so viele Trainer aus, wie es in der ersten Liga überhaupt Clubs gibt?“

Die Entwicklung der Spieler stehe und falle mit der Qualität der Trainerarbeit, erklärte der 64-Jährige. „Gute Trainer entwickeln Mannschaften und über die Entwicklung der Mannschaft auch wieder Spieler. Das ist für mich der Weg für die Zukunft in Österreich – auch in zehn oder 15 Jahren, wenn ich einmal nicht mehr da sitze.“

Als „Musterbeispiel für die Entwicklung einer Trainerkarriere“ nannte Rangnick Oliver Glasner. Der aktuelle Eintracht-Frankfurt-Coach war 2012 Sportkoordinator in Salzburg, als Rangnick dort als Sportdirektor anheuerte. „Oliver saß im Büro, hatte eigentlich nichts mit dem Trainerberuf zu tun“, schilderte Rangnick. Beim gemeinsamen Joggen im Trainingslager in Leogang habe Glasner aber Interesse am Posten des Co-Trainers von Roger Schmidt bekundet.

Glasner: „Haben eine großartige CL-Saison gespielt“

Rangnick: Glasner „einer der spannendsten Trainer in Europa“

„So hat seine Trainerkarriere begonnen“, erzählte Rangnick. „Für mich ist er zur Zeit einer der spannendsten Trainer nicht nur in Deutschland, sondern in Europa.“ Der einstige Förderer bezeichnete Glasner als „absoluten Spitzentrainer, der sich dorthin entwickelt hat, auch weil er richtige Entscheidungen getroffen hat“. Statt mit Schmidt als Assistent nach Leverkusen zu wechseln, übernahm der Ex-Profi 2014 die SV Ried. Über den LASK ging es zum VfL Wolfsburg und nach Frankfurt.

Rangnick lobte die Arbeit von Glasner und dessen Sportdirektor Markus Krösche. „Wenn man sieht, was bei Eintracht Frankfurt jetzt passiert – da kann man nur den Hut ziehen.“ Für den ÖFB gelte es nun, „möglichst vielen dieser nächsten Oliver Glasners die Möglichkeit zu geben, genau solche Karrieren zu entwickeln. Wir wollen Österreich dorthin bringen, wo andere Länder, die auch nicht größer sind, schon sind.“ Dafür müsse man auch „neue Pfade“ beschreiten.

Einer davon ist ein Lehrgang für Perspektivspieler, den Rangnick mit dem ÖFB-Trainerteam im November in Pula erstmals abgehalten hat. Um das Potenzial der jungen Garde – in Kroatien waren Spieler der Geburtsjahrgänge 2000 bis 2006 versammelt – macht er sich keine Sorgen. „Wir sind mit jedem Trainingstag mehr mit einem Dauergrinsen herumgelaufen, weil wir gesehen haben, was drinsteckt“, sagte der Chefcoach.

Rangnick: Seidl überzeugte bei Talente-Lehrgang

Der Talente-Lehrgang soll laut Rangnick zu einer festen Einrichtung werden. Schwierig gestaltet sich einzig die Terminwahl. Derzeit ist der Juni präferiert. Die Zeit zwischen Abschluss der A-Länderspiele und Beginn der Saison-Vorbereitung bei den meisten Bundesligisten ist jedoch äußerst kurz. „Die Jungs brauchen auch Urlaub“, meinte Rangnick. „Und sie sollen auch nicht beim Auftakt des Trainings bei ihren Clubs fehlen.“ An einer Lösung werde gearbeitet.

(APA).

Beitragsbild: GEPA.