Tennis: Djokovic geht bei French Open auf „Karriere-Grand-Slam“ los

Paris (APA) – Rafael Nadal ist in Roland Garros nach neun Triumphen schon eine lebende Legende, doch vor den am Sonntag beginnenden French Open ist der nicht in Bestform befindliche Spanier diesmal nicht der Topfavorit. Der Mann der Stunde, der Mann des Jahres heißt Novak Djokovic. Der Australian-Open-Sieger kommt als fünffacher Turniersieger und mit einer 22:0-Erfolgsserie nach Paris.

Der Weltrangliste-Erste will endlich auch auf Sand sein erstes Major gewinnen. Der French-Open-Titel ist der einzige Grand-Slam-Titel, der ihm noch fehlt. Djokovic wäre erst der achte Spieler, dem der „Karriere-Grand-Slam“ gelingt: Nur Fred Perry (1935), Don Budge (1938), Rod Laver (1962, 1968), Roy Emerson (1964), Andre Agassi (1999), Roger Federer (2009) und Nadal (2010) haben dies vor ihm geschafft.

„Diese Saison ist wahrscheinlich gemeinsam mit 2011 die beste meines Lebens“, meinte Djokovic in Rom nach seinem insgesamt 53. Titel. Doch genau der Rückblick auf die Ereignisse vor vier Jahren sollte dem Serben, der wie Jürgen Melzer am (morgigen) Freitag Geburtstag hat und 28 wird (Melzer 34, Anm.), auch eine Warnung sein. 2011 war Djokovic sogar mit einer 37:0-Bilanz und sieben Turniersiegen an die Seine gekommen – und verlor im 43. Match im Semifinale gegen Roger Federer. „Ich war schon mehrmals sehr nahe dran“, erinnert sich Djokovic auch an die Paris-Finali 2012 und 2014, als er jeweils gegen Nadal verloren hatte.

Nadal könnte ihm diesmal aber schon früher blühen, denn der Spanier ist auf Platz sieben im Ranking zurückgefallen und wird trotz seiner neun Titel beim größten Sandplatz-Turnier der Welt nicht besser gesetzt. Nur Wimbledon hält sich bei der Setzung nicht immer exakt an die ATP-Rankings. Die Auslosung am Freitag könnte daher sogar ein mögliches Viertelfinale Nadal-Djokovic bringen.

Nicht verleugnen kann Nadal, dass er die schwächste Sandplatz-Saison seit 2004 hingelegt hat. Ein Jahr später begann seine unglaubliche Dominanz vor allem auf Asche und besonders beim Major in Paris. Nur 2009 musste sich der Mallorquiner sensationell Robin Söderling im Achtelfinale beugen – doch in Nadals Sensationsbilanz ist dies die einzige Niederlage in Roland Garros: Nadal fährt mit einem 66:1-Polster nach Paris. Ein Umstand, der ihn trotz noch nicht erreichter Topform gefährlich machen kann. Das glaubt im Übrigen auch Roger Federer: „Man kann ihm die letzten zehn Jahre nicht wegnehmen“, erklärte Federer nach seiner Final-Niederlage in Rom. „Es geht auf fünf Sätze und wir wissen wie stark Rafa physisch und mental ist. Für mich ist er immer noch der Favorit. Novak muss fast gewinnen nach seinen Resultaten dieses Jahr, das erinnert mich an 2011.“

Neben Djokovic und Nadal darf sich von den „big four“ auch Andy Murray mehr ausrechnen als bisher. Der Schotte hat in München und dann mit einem Finalsieg in Madrid über Nadal seine ersten beiden Sandplatz-Events überhaupt gewonnen und scheint in der Lage zu sein, in Paris zumindest einen Schritt weiter als bisher (Semifinali 2012 und 2014) zu kommen.

Während bei den Herren die Nummer eins der Welt dennoch der Favorit ist, kann man das von Australian-Open-Champion Serena Williams nicht behaupten. Die Sandplatz-Saison der 33-jährigen US-Amerikanerin liest sich bescheiden: Halbfinal-Aus in Madrid gegen Petra Kvitova und in Rom zur zweiten Runde wegen einer Verletzung am rechten Ellbogen nicht angetreten. Zwar hat Williams vor zwei Jahren ihren zweiten French-Open-Titel geholt, sie ist aber auch für negative Überraschungen an der Seine bekannt, wie das Auftakt-Aus 2012 und die Zweitrunden-Schlappe im Vorjahr zeigen.

Maria Scharapowa stand in den vergangenen drei Jahren in Roland Garros immer im Endspiel und holte nach 2012 auch im Vorjahr den Titel. Schärfste Kontrahentin könnte wieder Vorjahresfinalistin Simona Halep werden. Die Rumänin war 2014 ohne Satzverlust ins Endspiel gestürmt und verlor nach einem über dreistündigen Match knapp gegen die Russin. „Ich habe einige meiner besten Erinnerungen an Paris. Mein Spiel wird jeden Tag besser und ich fühle mich bereit für die French Open“, glaubt Halep, die auf ihren ersten Major-Titel hofft.

Scharapowa kommt mit Turniersiegen in Brisbane und zuletzt in Rom nach Paris. Im Foro Italico hat sie im Finale Carla Suarez Navarro niedergerungen, davor aber im Madrid-Halbfinale und in Stuttgart gleich zum Auftakt verloren. Eine zwingende Favoritin lässt sich also nicht ausmachen, gerade in Paris hat es bei den Damen immer wieder Überraschungen gegeben.