Thiem nach Schlappe: „Hätte gedacht, dass ich weiter bin“

Eine Ernüchterung sowohl für das österreichische Davis-Cup-Team als auch für Dominic Thiem war dessen zweiter Auftritt am Samstag in Espoo. Der Weltranglisten-Fünfte musste sich im Play-off-Länderkampf in Finnland völlig überraschend geschlagen geben. Der 26-jährige Niederösterreicher unterlag dem 20-jährigen Weltranglisten-163. Emil Ruusuvuori glatt nach 70 Minuten mit 3:6,2:6.

Damit musste Dennis Novak im Schluss-Einzel gegen Harri Heliovaara den dritten Punkt für den Sieg holen. Thiem hätte nach der durch Oliver Marach und Jürgen Melzer herausgeholten 2:1-Führung für das ÖTV-Team eigentlich alles klar machen sollen. Doch ein einerseits stark aufspielender Youngster der Gastgeber und ein sehr fehlerhafter Thiem verhinderten dies. Der Weltranglisten-Fünfte wirkte nach seiner Zwangspause wegen einer Viruserkrankung alles andere als auf der Höhe.

Das gab danach auch der 14-fache Turniersieger zu. „Es dauert eben eine ziemlich lange Zeit, bis ich wieder auf 100 Prozent bin. Das ist aber nötig, denn Ruusuvuori ist ein guter Spieler, wahrscheinlich besser als sein Ranking zur Zeit ist“, erklärte Thiem, der allerdings von seinem Zustand nach seiner Viruserkrankung schon auch enttäuscht war. „Ich muss ehrlich sagen, ich hätte mir gedacht, dass ich ein bisserl weiter bin und besser spiele. Das war nicht der Fall, das muss ich auch selbst akzeptieren. Ich habe mich ja lange Zeit sehr schlecht gefühlt – seit Kitzbühel eigentlich, da dauert es einfach, bis ich wieder in den Rhythmus komme.“

Dies habe er in Finnland gesehen. „Das ist natürlich eine bittere Erkenntnis.“ Nach außen hin wirkte Thiem jedenfalls kaum besser als bei seinem bis dato letzten Tour-Auftritt in der ersten US-Open-Runde. „Ich bin gesund, körperlich auf der Höhe bin ich nicht. Ich bin sicherlich nicht so fit wie ich schon war in dem Jahr. Da fehlen mir einige Level.“

Eine eventuelle Absage des Laver Cup kommende Woche in Genf steht nicht zur Diskussion. „Sicher fühle ich mich in der Verfassung, es wird mit jedem Tag besser. Wenn ich so spiele wie an dem Wochenende, werde ich natürlich nicht sehr viel gewinnen, das ist auch klar“, gestand der Lichtenwörther. Bis Genf werde er aber wieder einige Trainingstage mehr in den Beinen haben. „Ich hoffe, dass ich mich Schritt für Schritt wieder an meine Topverfassung annähere.“

Inwiefern er im März 2020, wenn bei Sieg oder Niederlage der nächste Davis Cup auf dem Programm steht und der unmittelbar vor seiner Titelverteidigung in Indian Wells in Szene geht, zur Verfügung steht, bleibt offen. Das wird wohl auch von der Auslosung abhängen, etwa wenn in Österreich in den USA oder Südamerika spielt. „Das wäre ideal, aber es ist alles noch ziemlich weit weg. Wir werden schauen, wenn dann alles ausgelost ist.“

Im Match hatte Thiem zuvor nie wie der mögliche Sieger ausgesehen. Er musste nach 21 Minuten erstmals seinen Aufschlag zum 2:4 abgeben. Nach einem 2:5-Rückstand hatte er bei 3:5 noch eine Breakchance zum 4:5, doch Ruusuvuori, in diesem Jahr schon dreifacher Challenger-Sieger, stellte nach 36 Minuten die 1:0-Satzführung her.

Im zweiten Satz konnte Thiem zunächst noch ein frühes Break zum 0:2 verhindern, musste sein Service aber zum 2:3 abgeben. Einen Ball zum Rebreak unmittelbar danach konnte Thiem nicht nutzen, danach verlor er seinen Aufschlag erneut zum 2:5. Die Nummer 163 der Welt hat die Nummer 5 geschlagen. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass gerade im Davis Cup die Papierform nur wenig zählt.

(APA)

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