Thiem: „Ich war schon fast auf dem Weg nach Hause“

Dominic Thiem hat wieder einmal ein verloren geglaubtes Match noch umgedreht. Nach dem 4:6,4:6,6:3,6:4,6:4-Sieg über einen sehr starken Nick Kyrgios, der am Freitag weit besser spielte als eine Nummer 47 im ATP-Ranking, zeigte sich Thiem erleichtert. Der Weltranglisten-Dritte, der im Vorjahr bei den Australian Open erst im Endspiel unterlegen war, trifft nun am Valentinstag am Sonntag auf den Bulgaren Grigor Dimitrow. Die Emotionen werden da wegen fehlender Fans anders sein.

Mental kann Thiem offenbar nicht sehr viel aus der Ruhe bringen. Auch ein provokanter Nick Kyrgios nicht. „Provokationen würde ich es jetzt gar nicht nennen. Es war klar, dass so was kommen wird, das Aufschläge von unten kommen, speziell bei meiner Returnposition, dass Unterhaltungen mit dem Schiedsrichter und dem Publikum kommen werden, das war mir alles bewusst. Das hat nicht wirklich Einfluss auf mein Spiel gehabt. Das Schwierige war, dass ich noch nie ein volles Match gegen ihn gespielt habe. Wenn er so spielt wie heute, ist er richtig schwer zu schlagen“, erklärte Thiem in der Videopressekonferenz auf Nachfrage der APA – Austria Presse Agentur. Gegenüber „Eurosport“ meinte Thiem über Kyrgios: „Er ist schon ein Unikat. Es ist schon anders gegen ihn zu spielen.“

Aber dass er nun zum vierten Mal in seiner Karriere ein 0:2 in Sätzen in einen Fünfsatz-Sieg verwandelt hat, bedeutet Thiem schon sehr viel. „Ich war schon fast auf dem Weg nach Hause, als ich zwei Breakbälle zu Beginn des dritten Satzes gegen mich hatte. Ich bin superstolz, wie ich da durchgekommen bin und das gibt mir definitiv einen großen Boost für alles, was jetzt kommt.“

Und jetzt kommt einer, der es Thiem auch nicht leichter machen wird. „Dimitrow ist auch ein Riesenspieler. Vielleicht nicht so konstant in den letzten Jahren, aber wenn er mal gut spielt, dann richtig gut und scheinbar macht er das jetzt bei dem Turnier“, schätzte Thiem die aktuelle Nummer 21 im ATP-Ranking ein. „Ich glaube auch, dass ihm die schnelleren Bedingungen sehr gut liegen. Ein spektakulärer Spieler, der eigentlich alles kann und keine Schwächen hat. Ich freue mich aufs Match. Wäre schön, wenn es vor Leuten wäre, aber so ist es halt.“

Dass wegen der Coronavirus-Pandemie und wenigen aufgetretenen Fällen in Melbourne nun wieder fünf Tage keine Fans in den Melbourne Park dürfen, macht Thiem gar keine Freude. „Sehr traurig für mich, für alle würde ich sagen. Es waren jetzt auch gerade wieder sehr komische Szenen“, bezog sich Thiem auf das Abend-Match von Novak Djokovic, der gegen Taylor Fritz (USA-27) überraschend ebenfalls über fünf Sätze hatte gehen müssen.

Mitten im Match hatte wegen des bevorstehenden Lockdowns das Stadion von Zuschauern geräumt werden müssen, damit diese rechtzeitig um Mitternacht daheim sein konnten. „Mir tut es schon leid für die Fans und auch für uns Spieler. Weil es war schon ein bisserl eine Aufbruchsstimmung da in Australien, mit Fans ein bisserl Normalität und jetzt ist es ab morgen wieder komplett leer“, meinte Thiem.

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Seinen ersten Major-Titel im Vorjahr hatte er ebenfalls vor leerer Kulisse errungen, Thiem kennt diese „Geisterbedingungen“ also besser als manch anderer. Gegen Dimitrow hat Thiem, der um sein neuntes Viertelfinale bei einem Major-Turnier kämpft, eine mit 2:3 leicht negative Bilanz. Zuletzt hatte der Bulgare beim Indoor-Masters-1000-Turnier in Paris 2019 glatt 6:3,6:2 gewonnen. Es ist aber das erste Aufeinandertreffen bei einem der vier Grand-Slam-Turniere. Dimitrow hatte am Freitag leichtes Spiel, Pablo Carreno Busta (ESP) gab bei 0:6,0:1 wegen Übelkeit auf.

Der 29-jährige Dimitrow hat bisher acht Titel gewonnen, darunter 2017 die ATP Finals in London. Thiem hat seinem Widersacher den Major-Sieg voraus.

Der US-Open-Sieger signiert seit einiger Zeit nach Siegen bei großen Turnieren gerne die TV-Kamera mit „play for the ocean“ und setzt sich für Naturschutz ein. „Das unterstütze ich seit einer langen Zeit. Und jetzt ist eine gute Zeit dafür, weil mein adidas-Outfit ist komplett aus recyceltem Plastik aus dem Meer gemacht. Das ist ein toller Hintergrund“, erklärte der Niederösterreicher.

(APA)

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