Thomas triumphiert in L’Alpe d’Huez und verteidigt Gelb erfolgreich

Die Götterdämmerung bei der Tour de France geht weiter: Ein unwiderstehlicher Geraint Thomas ist auch in L’Alpe d’Huez zum Etappensieg gestürmt und hat seinen Kapitän Chris Froome beim Spießrutenlauf im Radsport-Mekka erneut auf den letzten Metern stehen gelassen. Der etatmäßige Edelhelfer baute seine Führung im Kampf um das Gelbe Trikot gegenüber Sky-Leader Froome weiter aus.

In einem packenden Finale auf den legendären 21 Kehren vor Hunderttausenden teils übermäßig begeisterten Fans hatte der 32 Jahre alte Thomas wie am Tag zuvor in La Rosiere die größeren Reserven und setzte sich mit zwei Sekunden Vorsprung auf den Niederländer Tom Dumoulin (Sunweb) durch. Dritter wurde Romain Bardet (Frankreich/AG2R) mit drei Sekunden Rückstand vor Froome, der vier Sekunden hinter Thomas lag – allerdings kassierte dieser als Etappensieger zehn Bonussekunden.

„Ich bin sprachlos. Ich hätte nie gedacht, dass ich heute gewinnen kann. Es ist unglaublich, ein Sieg in Gelb in L’Alpe d’Huez. Das Rennen ist bislang wie für mich gemacht“, sagte Thomas, unterstrich aber erneut seine Rolle als Nummer zwei im Team: „Ich fahre nach wie vor für Froome, er weiß, wie man eine Tour über drei Wochen fährt und gewinnt. Er ist eine Legende, vielleicht der beste Fahrer aller Zeiten.“

In der Gesamtwertung liegt Thomas nun 1:39 Minuten vor Froome, der sich im Kampf um seinen historischen fünften Tour-Sieg und um die Vormachtstellung im Sky-Team nun gewaltig strecken muss. Dritter ist Dumoulin (+1:50), der am Donnerstag den ersten Sieg eines Niederländers am „Berg der Holländer“ seit 29 Jahren verpasste.

Zudem riss in L’Alpe d’Huez die Serie der Franzosen, die zuletzt dreimal in Serie mit Pierre Rolland (2011), Christophe Riblon (2013) und Thibaut Pinot (2015) im größten „Stadion“ des Radsports triumphiert hatten.

Auf den letzten Kilometern hatten sich Froome, Thomas, Bardet und Dumoulin hartnäckig belauert, es kam beinahe zu Stehversuchen. Im Schlusssprint zog Thomas dann beeindruckend davon. Der einstige Tour-Sieger Vincenzo Nibali (Italien/Bahrain-Merida) verlor nach einem Sturz rund fünf Kilometer vor dem Ziel wertvolle Sekunden. Der Kolumbianer Nairo Quintana musste sechs Kilometer vor dem Ziel abreißen lassen und büßte endgültig alle Chancen auf den Toursieg ein.

Für die deutschen Fahrer setzte sich eine enttäuschende Tour fort. Einen Tag nach dem Aus von Marcel Kittel (Arnstadt/Katusha-Alpecin) war die Rundfahrt auch für Sprint-Routinier Andre Greipel (Rostock/Lotto-Soudal), seinen Teamkollegen Marcel Sieberg (Castrop-Rauxel) und Rick Zabel (Unna/Katusha-Alpecin) beendet. Das Trio lag bereits zur Hälfte der letzten Alpen-Etappe nach L’Alpe d’Huez so weit zurück, dass es in den Besenwagen stieg und die Tour damit verließ.

Auch die zweimaligen Etappensieger Dylan Groenewegen (Niederlande/LottoNL-Jumbo) und Fernando Gaviria (Kolumbien/Quick-Step Floors) gaben auf. Damit sind vor der nächsten erwarteten Massenankunft am Freitag in Valence kaum noch Topsprinter im Feld vertreten.

Der doppelte Kampf um das Gelbe Trikot und die Vorherrschaft bei Sky setzt sich schon am Samstag fort, wenn auf halbem Weg zwischen Alpen und Pyrenäen der kurze Schlussanstieg zum Flugplatz von Mende zu absolvieren ist.

Angesichts der immer noch schwelenden Gefahr eines tätlichen Übergriffes auf den wegen seiner Asthmamittel-Affäre bei den Fans weiter umstrittenen Froome und kaum zu kontrollierenden Menschenmassen am Schlussanstieg hatten die Organisatoren die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. So war an neuralgischen Party-Punkten wie der „Kehre der Holländer“ rund sechs Kilometer vor dem Ziel der Alkoholverkauf verboten worden.

Trotz der aufgeheizten Atmosphäre blieb das Radsport-Fest aber weitgehend friedlich. Froome musste jedoch einen Schubser eines Fanatikers einstecken und sich erneut einige Unmutsbekundungen gefallen lassen, zudem kamen diverse – höflich ausgedrückt – übermütige Fans den Fahrern bedrohlich nahe. Letztlich fuhren aber alle Rivalen heil ins Ziel.

SID cl er

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