UEFA zeigt sich im Super-League-Streit gelassen

Vor dem Hintergrund des nach wie vor schwelenden Super-League-Streits hat die UEFA eine Informationsoffensive gestartet.

Journalisten aus diversen europäischen Ländern, darunter auch aus Österreich, wurden zuletzt in Nyon mit reichlich Input zu den Aufgabengebieten von Europas Fußball-Union versorgt. Deren Zuständigkeitsbereich reicht über Nachwuchs- und Frauen-Fußball bis zu Männer-Nationalteam- und -Europacup-Bewerben. Die beiden letzteren Sparten sind die großen Cashcows.

Dementsprechend heftig fiel die UEFA-Gegenwehr aus, als zwölf europäische Topclubs im April 2021 die Gründung einer Super League ankündigten. Neben dem Kontinentalverband protestierten auch der Weltverband FIFA, Fans und nationale Regierungen, woraufhin sich neun Vereine schnell wieder aus dem Projekt zurückzogen. An Bord sind nur noch Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin.

Kartell Vorwürfe gegenüber FIFA und UEFA

Dennoch ist die Super-League-Gefahr für die UEFA noch nicht ausgestanden. Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist eine gegen FIFA und UEFA gerichtete Klage anhängig, die den Vorwurf beinhaltet, dass beide Verbände als Kartell handeln und ihre beherrschende Stellung auf dem Markt missbrauchen. Am 15. Dezember veröffentlicht der EuGH-Generalanwalt dazu in Luxemburg ein Gutachten, dem das Gericht folgen kann, aber nicht muss. Eine definitive EuGH-Entscheidung wird für März 2023 erwartet.

Bei der UEFA zeigt man sich derzeit in dieser Causa betont gelassen. „Wir konzentrieren uns auf unsere Clubbewerbe, und wir sind überzeugt, wir haben die besten Clubbewerbe der Welt“, sagte Tobias Hedtstück, „Head of Club Competitions & Calender“ der UEFA.

Generalsekretär Theodore Theodoridis hob hervor, dass kein Club zur Teilnahme an einem UEFA-Bewerb gezwungen werde, und forderte von den abtrünnigen Vereinen „Respekt für die Fußball-Pyramide und die nationalen Ligen“ ein. Die UEFA-Drohung, die Super-League-Clubs aus den nationalen Lugen auszuschließen, steht nach wie vor im Raum, obwohl Real und Co. dort gerne weiterspielen würden. „Aber man kann nicht gleichzeitig drinnen und draußen sein“, mahnte Theodoridis.

Während die Super League ursprünglich als geschlossene Liga geplant war, weist die UEFA darauf hin, dass man sich für ihre Europacup-Events durch Leistungen auf dem Platz qualifizieren muss. Dies sorgt laut Hedtstück auch für zusätzliche sportliche Brisanz, weil es ansonsten in den nationalen Meisterschaften nur um Titel und Abstieg gehen würde.

Clubs kassieren Milliarden von UEFA

Zudem kassieren die Clubs auch unter UEFA-Schirmherrschaft nicht schlecht ab: Im Zeitraum 2009 bis 2012 wurden via Champions League 823 Millionen Euro an die Vereine ausbezahlt, von 2021 bis 2024 werden es rund zwei Milliarden Euro sein. Parallel dazu werden die Solidaritätszahlungen an kleinere Vereine sukzessive erhöht, betonten die UEFA-Vertreter.

Auch die umstrittene, aber 2024/25 greifende Europacup-Reform wurde als Vorteil für weniger prominente Clubs angepriesen. Ab übernächster Saison erfolgt in den Gruppenphasen von Champions League, Europa League und Conference League eine Aufstockung von 32 auf 36 Vereine. Dadurch ist laut Hedtstück garantiert, dass pro Spielzeit Clubs aus mindestens 37 Ländern an Gruppenphasen teilnehmen.

Um die Verteilung der vier zusätzlichen Champions-League-Plätze gab es heftige Diskussionen. Festgelegt wurde, dass ein Ticket an die gemäß UEFA-Fünfjahreswertung fünftbeste Liga geht. Zwei Tickets streifen jene Nationalverbände ein, deren Clubs in der vorangegangenen Spielzeit die meisten Punkte im europäischen Ranking holten – 2021/22 war England vor den Niederlanden am erfolgreichsten. Ein zusätzlicher Platz wird in der Qualifikation über den Meisterweg ausgespielt.

Dazu kommen zwei Änderungen, die für Österreich durchaus relevant sein könnten. Bisher kam der Elfte der Fünfjahreswertung in den Genuss eines Champions-League-Fixplatzes, sofern sich der Champions-League-Sieger über die nationale Meisterschaft für die „Königsklasse“ qualifizierte. Diese Regelung, von der Red Bull Salzburg 2019 profitierte, ist ab 2024 Geschichte. Dann geht der Platz des Titelverteidigers an jenes Team im Quali-Meisterweg, das im Club-Ranking am besten dasteht. Sollte der Europa-League-Sieger über die Meisterschaft die Champions League buchen, würde dieser Startplatz an das bestgereihte Team des Liga-Wegs gehen.

Veränderungen der Champions-League-Gruppenphase

Noch einschneidender sind die Veränderungen der Champions-League-Gruppenphase, die in Form einer eingleisigen Liga mit 36 Clubs ausgespielt wird. Jeder Verein absolviert künftig acht statt sechs Gruppenpartien. Bei der Auslosung kommt es zu einer Einteilung der Mannschaften in vier Töpfen, jeder Club spielt gegen je zwei Teams aus jedem Topf. Daher stehen je vier Heim- und Auswärtspartien gegen insgesamt acht Gegner auf dem Programm. „Das ist viel fairer als früher, weil man auch gegen Teams aus dem eigenen Topf spielt“, betonte Hedtstück.

Die 24 Mannschaften mit den meisten Punkten steigen in die K.o.-Phase auf. Ähnlich sieht es ab 2024 auch in Europa und Conference League aus, wobei letzterer Bewerb weiterhin sechs Gruppenspiele umfassen wird. Einen Umstieg zwischen den Bewerben nach den Gruppenphasen, wie er derzeit möglich ist, wird es ab der übernächsten Saison nicht mehr geben. Die Modus-Änderungen bedeuten mehr Spiele und damit auch mehr Geld – wie hoch die Steigerung ausfallen wird, wollte Hedtstück nicht prognostizieren.

Die Änderungen werden auch für österreichische Vereine höhere Einnahmen bringen und damit die Schere wohl noch weiter auseinandergehen lassen. Laut UEFA-Angaben zahlte der Kontinentalverband im Zeitraum 1992 bis 2021 an Red Bull Salzburg 183 Mio. Euro, an Rapid 55 Mio., an die Austria 33 Mio., an Sturm Graz und den LASK jeweils 31 Mio. und an den WAC 12 Mio. Euro.

Bis zum Inkrafttreten der Reform sollen auch die Conference-League-Matches zur Gänze mit VAR-Begleitung über die Bühne gehen. Mit der aktuellen Situation, dass es in Gruppenspielen keinen Videoassistenten gibt, fühlt sich Roberto Rosetti, Vorsitzender der UEFA-Schiedrichterkommission, nach eigenen Angaben „nicht wohl“. Außerdem wies der Italiener darauf hin, dass europaweit über 76.500 Referees fehlen. Derzeit gibt es 221.870 Spielleiterinnen und Spielleiter, 298.538 würden laut Rosetti benötigt. Als Grund für den Schiedsrichterschwund sieht der Finalschiedsrichter der EURO 2008 auch Angst vor Gewaltakten. Mit einer eigenen Kampagne soll die Zahl der Unparteiischen erhöht werden.

(APA)/Bild: Imago