Videobeweis lässt Guardiola verzweifeln: „Es ist grausam“

Das Starensemble von Manchester City ist nach einem verrückten Spiel im Viertelfinale der Champions League gescheitert. Pep Guardiola kann den Henkelpott offenbar nur mit Barcelona gewinnen.

Ilkay Gündogan sank schluchzend zu Boden, sein Kopf grub sich fast im Rasen ein, die Tränen kullerten über die Wangen. Trost fand der deutsche Nationalspieler erst in den Armen von Pep Guardiola. Der Startrainer von Manchester City, der nach seinem erneuten Scheitern in der Champions League selbst Aufmunterung nötig gehabt hätte, eskortierte seinen deprimierten Spielmacher vom Platz.

„Es ist hart. Es ist grausam. Wir waren schon fast weiter. Doch dann ging es schlecht für uns aus“, konstatierte Guardiola im Anschluss an das Viertelfinal-Aus des englischen Meisters gegen den Ligarivalen Tottenham Hotspur: „Aber wir müssen es akzeptieren.“ Akzeptanz brauchten der Teammanager, die Profis und die Fans der Citizens vor allem für den Einsatz des Videobeweises (VAR) in der Nachspielzeit.

Der vermeintliche Treffer von Raheem Sterling zum 5:3 wurde wegen Abseits seines Teamkollegen Sergio Agüero zurecht aberkannt. Es blieb beim 4:3 (3:2), das 1:0 aus dem Hinspiel reichte den Spurs zum erstmaligen Halbfinal-Einzug. Dort treffen die Londoner, die im Achtelfinale Borussia Dortmund rausgeworfen hatten, auf Ajax Amsterdam – die zweite Überraschungs-Mannschaft des Wettbewerbs.

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„Tottenham reißt Guardiolas Champions-League-Wunden wieder auf – und der VAR reicht das Salz“, titelte die Zeitung The Telegraph passend. Schließlich gewann der Katalane die Königsklasse nur mit dem FC Barcelona (2009 und 2011). Danach scheiterte der 48-Jährige sowohl mit Bayern München als auch mit City stets vorzeitig. Das Massenblatt The Sun verpackte das Fußball-Drama in den letzten Minuten in einem typisch englischen Wortspiel: „They think, it’s all oVAR“ – „Sie dachten schon, alles wäre vorbei“.

Zuvor hatten die Zuschauer ein verrücktes Spiel erlebt. Tottenhams Erfolgsgaranten waren der schon im Hinspiel erfolgreiche Ex-Leverkusener Heung-Min Son (7./10.) und Fernando Llorente (73.), dessen Tor nach Videobeweis für die Entscheidung sorgte. Für die Gastgeber, bei denen Leroy Sane erst kurz vor Schluss eingewechselt wurde, trafen Sterling (4./21.), Bernardo Silva (11.) und Agüero (59.). Vier Treffer in den ersten elf Minuten bedeuten einen Königsklassen-Rekord. Gleiches gilt für die fünf Tore nach 21 Minuten.

Trotz der großen Enttäuschung zeigte Guardiola, der mit seiner Mannschaft nun den Titel-Zweikampf in England gegen den FC Liverpool gewinnen will, sportliche Größe und präsentierte sich als guter Verlierer. „Ich bin für fairen Fußball. Ich unterstütze den VAR. Und wenn es Abseits ist, dann ist es Abseits“, sagte der Coach. Die Social-Media-Abteilung des Klubs konnte die Videobeweis-Entscheidung dagegen nur schwer verkraften, die Rechner-Tastatur bekam den Frust ab. „wfiuhefijvbeojefvnojegfnvepgfjevgpinbgw“, twitterte City um 22:52 Uhr – schon kurz darauf hatte der Eintrag 136.000 Likes.

Der wilde Tweet brachte das Spiel nach Ansicht Sons auf den Punkt. „Es war Wahnsinn. So etwas habe ich noch nicht erlebt“, äußerte der Angreifer, der im Halbfinal-Hinspiel gesperrt ist: „Das Ganze war total verrückt.“ Sons Teamkollege Llorente brauchte sogar dringend frische Unterwäsche: „Ich habe mir in die Hosen gemacht, weil ich dachte, dass mein Tor aberkannt wird.“

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(SID)

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