Waliser feiern Überraschungs-Gruppensieg – Engländer enttäuscht

Wales sicherte sich gestern Abend mit einem ungefährdeten 3:0-Sieg über enttäuschende Russen vor England den 1. Platz in der Gruppe B. Damit konnten die Waliser auch ihren Nachbarn und Erzrivalen hinter sich lassen. Für Teamchef Chris Coleman ist das Achtelfinale – gegen wen auch immer es geht – „eine Riesenherausforderung“. „Aber wenn wir uns Bestes abrufen könne, haben wir immer eine Chance“, so Coleman weiter.

„Aint nobody dancing like Joe Ledley…“

Joe Ledley ließ sich nach dem Spiel in der Kurve vor den Fans feiern und zeigte seine Tanzkünste.

 

„Das war eine einzigartige Teamleistung, wohl die beste, seit ich Nationalspieler bin“, schwärmte Bale nach dem Triumph in der „rosaroten Stadt“ Toulouse, die rund 20.000 Waliser für eine lange Nacht in eine rote Stadt verwandelten. Bis in die Morgenstunden sangen sie: „Bring mich nicht nach Hause“. Österreichs kommender WM-Quali-Gegner hat ganz offensichtlich noch lange nicht genug von der EM in Frankreich. „Alles kann jetzt passieren“, meinte 1:0-Torschütze Aaron Ramsey nach dem historischen Einzug ins Achtelfinale. „Wir können auch noch weiter kommen.“

 

Waliser feiern Gruppensieg

 

Nach dem berauschenden Sieg gegen die ausgeschiedenen Russen war Ramsey genauso euphorisiert wie die weiteren Torschützen Neil Taylor (20.) und Bale (67.), die sich mit ihren Teamkollegen wie kleine Kinder freuten. „Wir haben lange darauf gewartet“, erklärte Arsenal-Profi Ramsey. „Es ist fantastisch. Wir wollten anerkannt werden für unsere gute Arbeit. Das Ziel war, einfach durchzukommen. Und jetzt die Fans zu hören, ist großartig.“

Die Außenseiter aus Wales haben viel mehr erreicht, als ihnen die meisten zugetraut hatten. Trainer Chris Coleman stellte zufrieden fest: „Was jetzt noch kommt, das ist ein Bonus.“ Vom Auftritt seiner Schützlinge schien der 46-Jährige selber etwas überrascht zu sein. Immerhin hatte das Team den Schock der späten 1:2-Niederlage gegen England am vergangenen Donnerstag verkraften müssen. „Nach diesem Rückschlag war es erst schwer zurückzukommen“, betonte der Erfolgscoach. „Als Nation sind wir geografisch klein, aber mit unserer Leidenschaft sind wir wie ein Kontinent“, befand Coleman.

„Das reinste Märchen“: Presse feiert Wales

 

England enttäuscht über Platz zwei

England hat mit dem 0:0 gegen die Slowakei zum Abschluss der Gruppe B den Pool-Sieg den EM-Premierenteilnehmern aus Wales überlassen müssen. Euphorie wollte sich im Lager der „Three Lions“ nach dem Erreichen der K.o.-Phase nicht einstellen. Mit nur einem Sieg und drei Treffern blieb das Team unter den Erwartungen der englischen Öffentlichkeit.

Englische Fans singen Wonderwall

 

Kritik musste Teamchef Roy Hodgson vor allem für seine Personalpolitik einstecken. „Wenn ein Trainer sechs Spieler austauscht, ist die einzige Rechtfertigung das Ergebnis. Und Roy Hodgson hat das nicht erreicht“, kritisierte etwa die „Daily Mail“ den Coach. Eine Kritik, die der Teamchef so nicht gelten lassen wollte. „Wenn wir gewonnen hätten, wäre die Aufstellung kein Thema gewesen. Wir waren trotz der Wechsel dominant.“ Zudem bezweifelte der 68-Jährige, dass die Stammformation ein besseres Ergebnis erzielt hätte. „Immerhin hätten wir dann immer noch gegen eine Mannschaft gespielt, die zu elft hinten verteidigt hätte“, gab er zu bedenken.

Hodgson: Wir werden wieder treffen

Besonders der Umstand, dass England aufgrund des zweiten Gruppenplatzes in einem etwaigen Viertelfinale voraussichtlich auf den Titelanwärter und Gastgeber Frankreich treffen wird, stößt vielen in England sauer auf. „Er hat es für England sehr schwer gemacht, über das Viertelfinale hinauszukommen. Und das ist sein Job. Alles andere ist nur Gelaber,“ schrieb die Daily Mail weiter. Für Hodgson ist das momentan nur Nebensache. „Jetzt müssen wir uns erst einmal auf das Achtelfinale konzentrieren.“ Dort wartet am kommenden Montag (21.00 Uhr) in Nizza der Zweite aus der Österreich-Gruppe F.

Gänzlich konnte sich Hodgson einem möglichen Duell mit dem Gastgeber auf der Pressekonferenz nach dem Slowakei-Spiel dann doch nicht verschließen. „Es wäre sicherlich ein interessantes Spiel, sie würden uns vor andere Aufgaben stellen als die bisherigen Gegner, und wir könnten vielleicht mit einer Konter-Taktik reüssieren.“

Slowakei hofft auf Aufstieg

An das Viertelfinale kann man bei der Slowakei unterdessen noch nicht denken, weiß man doch noch nicht einmal sicher, ob der dritte Gruppenplatz für den Aufstieg in die K.o.-Runde reicht. Das Team von Trainer Jan Kozak muss hoffen, dass nach Albanien noch ein weiteres drittplatziertes Team die Vorrunde mit einer schlechteren Bilanz abschließt (4 Punkte/ Torverhältnis 3:3). Die Chancen dafür stehen aber gut. So würde beispielsweise ein erwarteter Sieg der deutschen Weltmeister gegen Nordirland am (heutigen) Dienstag den Aufstieg der Slowaken perfekt machen.

Teamchef Jan Kozak wollte sich aber nicht mit Rechnereien aufhalten, sondern freute sich vorbehaltlos über den Punktgewinn. „Einen Punkt gegen England zu holen, ist der größte Erfolg“, schwärmte Kozak nach der Partie in Saint-Etienne. Sein Tormann Matus Kozacik, der mit einer starken Leistung maßgeblich am Remis beteiligt war, zeigte sich optimistisch: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir genug getan haben, um aufzusteigen. Es war nicht einfach, weil England viele Möglichkeiten hatte.“