„Wie in einem schlechten Traum“: Tränen bei Sturm nach Aus

Acht Punkte – und trotzdem Letzter: Sturm Graz ist am Donnerstag mit einer historischen wie unglaublichen Tabellen-Konstellation aus der Europa League ausgeschieden. Mit dem Titel „Bester Gruppenvierter der Europacup-Historie“ kann sich der Fußball-Vizemeister nach dem verdienten 0:2 beim FC Midtjylland in Dänemark nichts kaufen. Statt des angepeilten Winterschlafs in Europa verabschiedeten sich die Steirer mit dem bittersten aller Szenarien aus dem internationalen Geschäft.

Denn Gruppensieger Feyenoord Rotterdam sowie Midtjylland auf Platz zwei und Lazio Rom als Dritter haben nach sechs Spielen ebenfalls acht Zähler auf dem Konto. Nur die schlechtere Tordifferenz, unter anderem durch ein 0:6 in Rotterdam und nur vier erzielten Toren, verhinderten den sportlich sowie finanziell lukrativen Aufstieg in die K.o.-Phase. „Das ist ein Wahnsinn“, beschrieb Tormann Jörg Siebenhandl nach dem Schlusspfiff die Gesamtsituation. „Es tut extrem weh. Aber das ist Fußball, es ist beinhart. Wir hätten mehr Tore schießen müssen.“

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Unmittelbar nach Spielende in Herning war das seltene Schicksal aber noch nicht besiegelt. Doch Lazio konnte in den Schlussminuten das 0:1 in Rotterdam nicht mehr ausgleichen. Mit hängenden Köpfen und Tränen in den Augen nahmen die Schützlinge von Christian Ilzer das Geschehene auf dem Rasen niedergeschlagen zur Kenntnis. Während die Dänen jubelnd eine Ehrenrunde drehten, spendeten die 600 mitgereisten Anhänger der Mannschaft sowie dem Trainerteam noch minutenlang Trost. „Es ist großartig, dass die Fans hinter uns stehen. Das gibt Auftrieb“, betonte Siebenhandl.

Auch Sportchef Andreas Schicker stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. „Der Frust ist riesengroß“, sagte der Geschäftsführer Sport, das Erlebte „wie in einem schlechten Traum“. Im Entscheidungsspiel beim dänischen Vizemeister, bei dem ein Punkt sogar den Gruppensieg bedeutet hätte, blieb die benötigte Leistungsexplosion aus. „Wir müssen uns an der eigenen Nase nehmen und sagen, dass wir nicht unser bestes Spiel gemacht haben“, analysierte Schicker. Die Mannschaft habe eine „normale Leistung“ gezeigt, aber: „Normal reicht international oft nicht.“

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Ähnlich sah es Ilzer, sein Team habe „den einen Fehler zu viel“ gemacht und nach dem frühen 0:1 nach einer Viertelstunde das Momentum nicht mehr auf seine Seite bekommen. „Wir sind sehr enttäuscht. Wir haben eine große Chance liegen gelassen, international zu überwintern“, sagte der Coach. Midtjylland habe sehr effektiv gespielt und über das Spiel gesehen verdient gewonnen. „Es waren Kleinigkeiten, es hat überall ein bissl was gefehlt.“ Zum Matchwinner avancierte Torjäger Anders Dreyer mit einem Doppelpack, Heimkehrer William Böving blieb hingegen glücklos, wurde zur Pause ausgewechselt und konnte vor anwesenden Scouts (u.a. Mönchengladbach, VfB Stuttgart, Wolfsburg) nicht brillieren.

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Schicker nahm trotzdem etwas Positives mit und lobte die Entwicklung der Mannschaft im Vergleich zum vergangenen Jahr. „Ich bin letztendlich stolz, weil mit acht Punkten auszuscheiden ist historisch.“ Es tue zwar irrsinnig weh, aber darauf könne man aufbauen.

Ilzer versuchte nach der ersten Niederlage seit zehn Spielen indes, die Enttäuschung seiner Truppe mit einer Ansprache bei einem gemeinsamen Abendessen schnell wieder aus den Köpfen zu bekommen. In der Liga stehen vor der Winterpause noch zwei Auswärtsspiele auf dem Programm, am Sonntag in Altach (14.30 Uhr), eine Woche darauf beim LASK.

Aufgrund des dichten Kalenders wird das Team am Freitagnachmittag deshalb nach Friedrichshafen fliegen und die Zeit bis zum Ligaspiel im Ländle überbrücken. „Es ist gut, dass die Jungs nicht lange Zeit haben, um traurig zu sein“, betonte Ilzer. Siebenhandl versprach Wiedergutmachung: „Wir werden den ganzen Frust mithaben und dort auf den Platz legen. Wir sind eine Mannschaft, die wieder aufsteht.“

(APA)/Bild: GEPA