Bayern-Sportvorstand Sammer voll des Lobes für Ruttensteiner

München (APA) – Matthias Sammer hält den jüngsten Höhenflug des österreichischen Fußball-Nationalteams nicht für ein Zufallsprodukt. Der Sportvorstand von Bayern München sieht die Gründe dafür in der konsequenten Schaffung zentraler Strukturen im Nachwuchsbereich. Als einen Schlüsselmann dafür hat er ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner ausgemacht.

„Ich glaube, dass der österreichische Fußball ihm langsam ein Denkmal setzen sollte, anstatt dass sie ihn noch großartig kritisieren“, sagte Sammer bei einem von Sky organisierten Treffen mit österreichischen Journalisten. Ruttensteiners Ansätze werden in Österreich mitunter kritisch beäugt. Sammer kennt und schätzt den Oberösterreicher von zahlreichen gemeinsamen Lehrgängen aus seiner Zeit als DFB-Sportdirektor (2006-2012).

„Es ist ein Kompliment, kritisiert zu werden“, meinte der 48-Jährige, in München selbst nicht frei von Widersachern. „Wenn du Kulturen komplett veränderst und alle Halleluja schreien, dann wären schon andere vor dir auf diesen Gedanken gekommen.“ Ruttensteiner habe einen starken Kopf und seine eigenen Ansichten. „Am Ende kann nur stehen, dass er den österreichischen Fußball besser oder schlechter gemacht hat. Die Ergebnisse sprechen für sich.“

Ruttensteiner ist seit 1999 in verschiedenen Funktionen im ÖFB tätig. In dieser Zeit habe sich der österreichische wie der deutsche Fußball im Nachwuchsbereich besser organisiert. „Es ist kein Zufall, was in Österreich passiert“, verwies Sammer auf die zwölf Akademien und 29 Landesausbildungszentren. „Da ist strukturell über Jahre Pionierarbeit geleistet worden. Gut ausgebildete Spieler sind das Fundament, um mit einer guten Organisation etwas zu erreichen.“

Und das Ende der Fahnenstange sei mit der ersten aus eigener Kraft geschafften EM-Qualifikation für Frankreich 2016 noch lange nicht erreicht. „Ich glaube schon, dass da Nachhaltigkeit gegeben ist. Die ist schwerer zu erreichen als dieser erste große Erfolg“, meinte Sammer, der auch die regelmäßigen EM- und WM-Teilnahmen österreichischer Nachwuchsnationalteams ins Treffen führte.

Bei der A-Auswahl sei Teamchef Marcel Koller „eine perfekte Ergänzung“ zu den vorhandenen Strukturen. Nach der souveränen EM-Qualifikation warnte Sammer, 1996 mit Deutschland Europameister, neben den eigenen Turniergesetzen zwar vor einer möglichen „Milieuveränderung“ durch eine gestiegene Erwartungshaltung der Öffentlichkeit. „Aber dieses Selbstbewusstsein und diese Eingespieltheit, das werden auch andere Nationen registriert haben.“

Die aktuelle Stärke Österreichs – das Team scheint in November erstmals in den Top Ten der FIFA-Weltrangliste auf – sei abgesehen von Bayern-Star David Alaba und einigen weiteren Ausnahmen nicht der Qualität der Einzelspieler geschuldet, meinte Sammer. „Es ist auch das Puzzle, das perfekt zusammenpasst.“

Alaba spielt in diesem eine zentrale Rolle im Mittelfeld. Bei den Bayern kam er bisher hauptsächlich als Linksverteidiger und zuletzt in der Innenverteidigung zum Einsatz. „Ich sehe darin überhaupt keine Probleme, weil er vielseitig und komplex gut ausgebildet ist. Er ist auch noch sehr, sehr jung. Er kann jeder Mannschaft in jeder Situation eine perfekte Hilfestellung geben“, sagte Sammer über den 23-Jährigen.

Der Ausnahmekönner selbst sieht sich künftig eher im Mittelfeld, weil er dort seine Qualitäten am besten einsetzen könne. „Ich habe diesen Wunsch vor zwei Jahren das erste Mal gehört“, erinnerte Sammer. „So wie ich David Alaba kenne, weiß ich, dass auf Dauer daraus kein Problem entstehen wird, weil er so gut ist, dass er immer auch bedenkt, was für die Mannschaft gut ist.“

Als einziger Bayern-Spieler hat Alaba in dieser Saison bisher jede Pflichtspielminute absolviert. Trainer Pep Guardiola bezeichnete den Wiener am Freitag gar als „Gott“. Alabas Vertrag läuft bis 2018. Über einen möglichen Abgang machen sich die Münchner noch keine Sorgen. Sammer: „Ich glaube, dass wir gegenseitig wissen, was wir an uns haben. Fußball ist Tagesgeschäft, aber wir haben die nächsten Tage nicht vor, ihn zu verlieren.“

Fußballspruch des Jahres kommt von Sebastian Prödl

Bild: GEPA