FIFA-Erbe: Platini bleibt gesperrt, Infantino als Ersatz

UEFA-Präsident Michel Platini bleibt gesperrt. Einer der beiden Einsprüche des Franzosen gegen seine derzeitige 90-Tage-Suspendierung durch die Ethikkommission des Fußball-Weltverbands (FIFA) sei zurückgewiesen worden, teilten Platinis Anwälte am Montag der französischen Nachrichtenagentur AFP mit.

Dabei handle es sich um den Einspruch bei dem Ethik-Gremium, das den Chef der Europäischen Fußball-Union gesperrt hatte. Diesen hatte Platini mit Formalien begründet: Er beklagte, nicht von der Spruchkammer der Ethikkommission angehört worden zu sein. „Dies ist noch nicht die Entscheidung der Berufungskommission, die weiterhin noch keinen Zeitplan an Herrn Platini kommuniziert hat“, erklärten die Anwälte weiter.

Sie zeigten sich überzeugt, mit Rechtsmitteln letztlich die Integrität Platinis beweisen zu können und die Suspendierung rückgängig zu machen. Platini war wegen einer von FIFA-Präsident Joseph Blatter erhaltenen dubiosen Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken für 90 Tage von der Ethikkommission gesperrt worden.

 

Infantino als Ersatz

Eine Ersatzlösung für Michel Platini ist bereits gefunden: Angesichts der Sperre des Präsidenten stellte die Europäische Fußball-Union (UEFA) am Montag Generalsekretär Gianni Infantino als Notfall-Lösung auf und offenbarte damit erhebliche Zweifel an einer Kandidatur des momentanen Chefs. Insgesamt gibt es so viele Kandidaten wie noch nie in der Ära des scheidenden Amtsinhabers Joseph Blatter.

 

 

Acht Bewerber starten in das Rennen um die Nachfolge von FIFA-Präsident Blatter – und auch Europa hat sich kurz vor Fristende noch auf einen Plan B geeinigt. „Wir glauben, dass Gianni Infantino alle Qualitäten hat, die es braucht, um die großen Herausforderungen anzugehen. Er kann die Organisation auf dem Weg der Reformen führen, um die Integrität und Glaubwürdigkeit wiederherzustellen“, teilte die UEFA-Exekutive nach einer Telefonkonferenz mit. In dem Statement erwähnte die UEFA Platini mit keinem Wort.

 

Stellungnahme von Infantino

„Ich werde meinen Blick auf die Dinge zu gegebener Zeit in einem Manifest über künftige Herausforderungen und Chancen im Einzelnen darlegen“, sagte Gianni Infantino. „Dieses Manifest wird auf der Notwendigkeit von Reformen beruhen. Im Fall einer Wahl würde ich diese Veränderungen mit jenen vorantreiben, die eine FIFA wünschen, die eines Dachverbands der weltweit populärsten Sportart würdig ist.“

 

 

Integritätscheck der Anwärter

Nach Ende der Bewerbungsfrist für den FIFA-Chefposten folgt ein Integritätscheck der Anwärter. Dieser soll zwar nicht durchgeführt werden, solange ein Kandidat gesperrt ist; ein Freispruch Platinis im Ethikverfahren wäre allerdings eine große Überraschung. Die Suspendierung des 60-jährigen Franzosen läuft Anfang Jänner aus und kann noch um 45 Tage verlängert werden. Sollte Platini jedoch doch noch antreten dürfen, würde Infantino voraussichtlich seine Kandidatur zurückziehen. Der Jurist ist der Öffentlichkeit vor allem aus seiner Rolle bei Auslosungen von Europameisterschaften und Europapokal-Bewerben bekannt.

Ebenfalls am Montag kam die Nachricht von der Kandidatur des von Menschenrechtlern scharf kritisierten asiatischen Verbandschefs Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa. Auch er hat seine Bewerbung angekündigt, wie der Kontinentalverband AFC am Montag bestätigte. Menschenrechtsorganisationen werfen der Familie Al Chalifa vor, bei der Niederschlagung der Anti-Regierungsproteste in Bahrain beteiligt gewesen zu sein. Es ist möglich, dass die FIFA-Ethikkommission gegen ihn ermittelt.

 

Breites Bewerberfeld

Der liberische Verbandspräsident Musa Bility erklärte, dass die notwendigen Unterstützerstimmen von mindestens fünf FIFA-Mitgliedsverbänden für ihn dem Weltverband übergeben worden seien. „Ich bin ein sehr glücklicher Mann“, sagte Bility bei BBC Sport. „Wenn wir den Fußball verändern wollen, dann müssen wir sicherstellen, dass diejenigen, die die FIFA seit 20-25 Jahren führen, nichts mehr damit zu tun haben.“

Bisher streben darüber hinaus der zuletzt Blatter unterlegene Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien, der frühere Fußballprofi David Nakhid aus Trinidad und Tobago, der Ex-FIFA-Generalsekretär Jerome Champagne und der Südafrikaner Tokyo Sexwale die Nachfolge von Joseph Blatter an. Der ehemalige Weltverbands-General Michel Zen-Ruffinen will sich möglicherweise ebenfalls bewerben.

Vor der vergangenen Wahl Ende Mai gab es zunächst vier Bewerber, das Feld reduzierte sich jedoch, nachdem sich die europäische Unterstützung auf al-Hussein konzentrierte. Der wie Platini für 90 Tage gesperrte Blatter hat trotz seiner Verwicklung in den größten Skandal der FIFA-Geschichte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, doch noch seinen Nachfolger inthronisieren zu dürfen. „Ich will nach 41 Jahren bei der FIFA einen würdigen Abgang“, sagte der Schweizer zuletzt.

 

Die Übersicht der Bewerber

Michel Platini (60 Jahre/Frankreich/UEFA-Präsident/derzeit gesperrt)

Gianni Infantino (45/Italien/Schweiz/UEFA-Generalsekretär)

Musa Bility (48/Liberia/nationaler Verbandspräsident)

Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa (49/Bahrain/Verbandspräsident Asien)

Prinz Ali bin al-Hussein (39/Jordanien/früheres FIFA-Exekutivmitglied)

David Nakhid (51/Trinidad und Tobago/Ex-Profi)

Jerome Champagne (57/Frankreich/früherer stellvertretender FIFA-Generalsekretär)

Tokyo Sexwale (62/Südafrika/FIFA-Beobachtungskomitee für Israel und Palästina)

 

 

Foto: GEPA