In Deutschland beginnt so langsam der Weg zurück in den Fußball-Alltag. Angela Merkel war der Fußball bei der ganzen Palette der Lockerungen nur einen Nebensatz wert. „Der Spielbetrieb wird unter den genehmigten Regeln erlaubt“, kommentierte die Bundeskanzlerin am Mittwoch.
Gefühlsausbrüche wird es dagegen bei den Klubchefs und den Fans geben. Schließlich hievte die Politik „König Fußball“ zurück auf den Thron – der Ball wird im Mai trotz der Coronakrise wieder rollen. Bei der Videokonferenz Merkels mit den 16 Länderchefs wurde der Weg für den Neustart der seit Mitte März unterbrochenen Saison in der Bundesliga und der 2. Liga ab Mitte des Monats freigemacht.
„Das ist eine bewegende Nachricht für Sportdeutschland“, sagte Präsident Alfons Hörmann vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB): „Das bewegt 27 Millionen Mitglieder und 90.000 Vereine nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Nach Wochen der verordneten Bewegungslosigkeit beginnt nun die schrittweise Rückkehr zur ’neuen Normalität‘.“
Söder: „Kompromiss vertretbar“
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) reagierte mit großer Erleichterung. „Die Entscheidung ist eine gute Nachricht für die Bundesliga und die 2. Bundesliga“, sagte DFL-Boss Christian Seifert: „Sie ist verbunden mit einer großen Verantwortung für die Klubs und ihre Angestellten, die medizinischen und organisatorischen Vorgaben diszipliniert umzusetzen.“ Ab wann genau die Geisterspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit starten, wird am Donnerstag geklärt. Dann versammeln sich die 36 Klubchefs virtuell. Die DFL visierte zuletzt den 15. Mai an. Noch neun Spieltage stehen aus.
Premier League: Einige Club-Ärzte “ernsthaft” besorgt über Fortsetzung der Saison
„Der Kompromiss beim Fußball ist absolut vertretbar – auch wenn das Thema kontrovers ist“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Die zuvor im Gespräch gewesene Quarantäne der Mannschaften von zwei Wochen vor dem Ligastart ist laut Merkel aufgrund der regelmäßigen Tests bei den Profis nicht nötig. Rund 20.000 Tests wird der Profifußball wohl bis zum Saisonende benötigen. In einer ersten Testreihe hatte es bei 1724 Tests insgesamt zehn positive Fälle gegeben.
„Wichtig ist, dem Profisport insgesamt eine Perspektive zu geben“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im ZDF: „Auch viele Millionen Fans fragen natürlich, wann es wieder losgehen kann. Es gibt sehr gut ausgearbeitete Konzepte, wenn die gelebt und umgesetzt werden, kann man mit einem solchen Kontaktsport wieder starten.“
Deutschland mit europäischer Vorreiterrolle
Den Kampf um ihre Existenz, bei dem es um etwa 770 Millionen Euro, die Zukunft zahlreicher Vereine und 56.000 Arbeitsplätze geht, hat die Milliardenbranche erst einmal gewonnen. Nun soll die Spielzeit im besten Fall bis Ende Juni zu Ende gebracht werden.
Durch den Start im Mai wird die Bundesliga mit einem Schlag zum Weltmarktführer, da die anderen Topligen noch wesentlich weiter von einem Wiederbeginn (falls es den überhaupt geben wird) entfernt sind. Allerdings wird die Liga auf Bewährung spielen. Vor allem das entlarvende Video des Berliners Salomon Kalou hat den schmalen Grat aufgezeigt, auf dem der Fußball wandelt.
Spahn nimmt Spieler in die Pflicht
„Ich kann nur empfehlen, allen Mannschaften und jedem Spieler, auch nach den Erfahrungen der letzten Tage, das alles sehr, sehr ernst zu nehmen“, sagte Spahn mit Blick auf Kalou bei RTL/n-tv. Die Entscheidung zugunsten des Profifußballs ist laut des CDU-Politikers ein „Vertrauensvorschuss“. Fritz Keller ist sich dessen bewusst. „Wer ernsthaft an der Ausübung seines Berufs interessiert ist, der hält sich an die Vorgaben“, äußerte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in der Bild-Zeitung.
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Auch Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer, der das DFL-Konzept für den Neustart als Leiter der Taskforce entwickelt hat, sieht den weiteren Saisonablauf vornehmlich durch mögliches Fehlverhalten der Beteiligten gefährdet. „Es ist umso wichtiger, dass alle extreme Disziplin wahren“, sagte Meyer bei Sport1: „Wenn diese Disziplin nicht eingehalten wird, dann kann das beste Konzept ins Wanken geraten.“
Nationalmannschaftskapitän Manuel Neuer rief seine Kollegen zu eben dieser Disziplin auf. „Wir als Profis tragen Verantwortung für unseren Berufsstand“, schrieb der Torwart von Rekordmeister Bayern München in der FAZ: „Nun ist es an jedem Einzelnen in den Mannschaften und deren Umfeldern, dieses Konzept diszipliniert mit Leben zu füllen.“
(SID)
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