Fußball-EM: Kritiker sehen ökologisches Desaster

52 Spiele an zwölf Orten auf zwei Kontinenten: Spieler und Fans müssen bei der Fußball-Europameisterschaft 2020 so weite Wege zurücklegen wie bei keinem Turnier zuvor.

Während der europäische Fußballverband UEFA mit den in ganz Europa verstreuten Austragungsstätten das 60-jährige EM-Jubiläum feiern will, sehen Kritiker darin ein ökologisches Desaster.

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Ein österreichischer Fan beispielsweise muss von Wien aus rund 5.300 km (Luftlinie) in neun Tagen reisen, um die Gruppenspiele des ÖFB-Teams zu sehen: nach Bukarest, weiter nach Amsterdam, wieder zurück nach Rumänien und von dort aus wieder nach Wien. Ein Viertelfinale steigt in Baku in Aserbaidschan. Bis nach London, wo sowohl das Halbfinale als auch das Finale ausgetragen werden, sind es von dort 4.000 km. Im Vergleich: Für die EM 2016 genügte ein Hin-und Rückflug, innerhalb Frankreichs konnten alle Spielorte mit der Bahn erreicht werden. Genauso wird es in vier Jahren bei der EM in Deutschland sein.

CO2-Fußabdruck eines Riesen

Insgesamt Hunderttausende Flugkilometer werden wegen der EM im Sommer zurückgelegt werden, das Fußballfest hinterlässt einen dementsprechenden CO2-Fußabdruck. „Aus ökologischer Sicht ist das der totale Nonsens“, sagte Karima Delli, Grünen-Politikerin aus Frankreich und Vorsitzende im Ausschuss für Verkehr und Tourismus des EU-Parlaments. „Sie wollen mit diesem Format die Einheit Europas demonstrieren, vergessen dabei aber die Klimakrise.“

Die UEFA widerspricht: Die EM 2020 werde „das bisher umweltfreundlichste Turnier“. So würden die Gruppenspiele großer Fußballnationen wie Deutschland, England, Italien, Spanien und den Niederlande, deren Fans „bekannt sind, zu Zehntausenden zu internationalen Turnieren zu reisen“, im jeweiligen Heimatland stattfinden. An Spieltagen soll der öffentliche Nahverkehr für die Zuschauer kostenlos sein und mehr Stadionmüll soll wiederverwertet werden. Außerdem sei für die EM nur ein einziges Stadion – die Puskas Arena in Budapest – neu gebaut worden.

Bauen schlecht für die Luft

Der Bau von Sportstätten sei tatsächlich für einen Großteil der klimaschädlichen Emissionen bei internationalen Turnieren verantwortlich, sagt Andrew Welfle vom Tyndall-Forschungszentrum für Klimawandel in Manchester. Daher gebe es einen „riesigen Unterschied“ beim Kohlendioxid-Ausstoß zwischen der EM 2020 und der WM 2022 in Katar, für die alle acht Stadien neu gebaut oder modernisiert werden.

Die Emissionen durch die Reisen der Fans seien hingegen „schwer zu kalkulieren“, meint Welfle. „Die Schätzungen basieren auf vielen verschiedenen Annahmen, die mehr oder weniger realistisch sind.“ Die UEFA rechnet, dass durch den Transport von Mannschaften und Zuschauern während der Meisterschaft 425.000 Tonnen Kohlendioxid freigesetzt werden. Bei der EM 2016 in Frankreich seien es 517.000 Tonnen gewesen und bei der WM 2018 in elf russischen Städten knapp 1,5 Millionen Tonnen.

(APA)

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