Hamilton: Rosberg soll „Hoch“ solange wie möglich genießen

Nico Rosberg ist derzeit nicht zu stoppen. Doch der dreifache Saisonsieger, der übergreifend auf schon sechs Siege in Serie zurückblickt, ist vor dem vierten Saisonrennen der längsten Formel-1-Saison aller Zeiten am Sonntag in Russland gewarnt. Denn Lewis Hamilton und Sebastian Vettel wollen den Dauersieger endlich einbremsen. Vor allem für Hamilton ist Sotschi ein gutes Pflaster.

Der Brite hat 2014 das Premieren-Rennen im russischen Olympia-Ort und auch im Vorjahr die zweite Auflage dort gewonnen. Mit einem Hattrick am „Tag der Arbeit“ will Hamilton dem Lauf seines Mercedes-Teamkollegen am 1. Mai 2016 ein Ende bereiten. „Er macht einen tollen Job“, gab es aber auch Lob vom Titelverteidiger für Rosberg, der sich bisher gegen Patzer und Pannen immun gezeigt hat.

Tief beeindruckt scheint der in diesem Jahr zunächst von Startproblemen und schließlich von einem Antriebsdefekt eingebremste Hamilton aber nicht zu sein. „Bisher war ich noch in keinem richtigen Zweikampf mit ihm, daher war er auch in den vergangenen drei Rennen im Aufwind“, relativierte der Brite. „Das ist gut für ihn. Genieße es, solange du kannst, weil du niemals weißt, wie lange es hält.“

Vor dem drohenden Ansturm seiner Formel-1-Verfolger war WM-Spitzenreiter Rosberg u.a. Gast der deutschen Blödel-TV-Show „Halligalli“. „Es läuft cool, es ist gerade eine schöne Zeit“, sagte Rosberg dort und betonte, sich natürlich noch lange nicht als neuer Champion zu sehen. „So denke ich nicht. Einer meiner Gegner ist Lewis Hamilton, und der legt die Messlatte richtig hoch.“

Ganz ohne Blödeleien ging es aber nicht, auch wenn der Hintergrund durchaus ernst gemeinter Natur ist. Denn seit Hamilton seinen dritten WM-Titel im Vorjahr im viertletzten Rennen (Austin) fixiert hat, siegte bemerkenswerter Weise nur noch der davor von Pech und Pannen verfolgte Teamkollege Rosberg.

„Manche werden halt bevorzugt“, scherzte der Deutsche in der TV-Show auf die Frage, warum es im Mercedes-Team gerade so gut laufe bei ihm. Er verwies dabei auch auf den team-internen Mechaniker-Wechsel zu Jahresbeginn. „Auf einmal geht bei ihm (Hamilton, Anm.) alles kaputt“, sagte Rosberg lachend.

Von Leichtsinn kann beim Dauersieger aber keine Rede sein. „Es braucht nur ein schlechtes Wochenende, um den Vorsprung aufzubrauchen“, räumte Rosberg ein. „Lewis ist der amtierende Champion und damit für mich noch immer die Messlatte, Ferrari hat noch nicht gezeigt, was sie können, und Red Bull scheint ebenfalls stärker zu werden.“

Mit der Maximalausbeute von 75 Punkten ist Rosberg in seine elfte Formel-1-Saison gestartet. 36 Punkte liegt der bisher einzige Sotschi-Sieger Hamilton schon hinter Rosberg, der auf seinen ersten Grand-Prix-Erfolg am Schwarzen Meer noch wartet. Einen größeren Rückstand hatte der Brite in den bisher drei gemeinsamen Jahren auf Rosberg noch nie. 2014 raste Hamilton trotz eines Defizits von 29 Zählern nach zwölf von 19 Grand Prix noch zum Titel. „Nach all den Jahren sagt mir meine Erfahrung, dass ich nach Rückschlägen die Ruhe bewahren und weiter pushen muss. Ich habe das schon einige Male erlebt“, beteuerte Hamilton.

Im WM-Kampf gegen den extrem fokussierten Rosberg sind aber weitere Ausrutscher verboten. Das weiß auch Vettel, dem schon 42 Zähler auf Rosberg fehlen. „Ich hoffe, dass sich das Ganze ein bisschen beruhigt und wir in Russland stärker sind, um ihn und Mercedes mehr unter Druck setzen zu können“, sagte Vettel. Doch ihm und der Scuderia droht die Zeit davonzulaufen.

„Nico ist in einer großartigen Form, bleibt jedoch mit beiden Beinen auf dem Boden“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff über Rosberg. Die Nehmer-Qualitäten von Hamilton beeindrucken ihn zugleich nachhaltig. „Lewis hätte allen Grund, von seinem Saisonstart entmutigt zu sein. Aber er ist ruhig und zuversichtlich – er geht mit den Rückschlägen wie ein echter Champion um.“ Sotschi wird den nächsten Zwischenstand in Sachen Titel-Tauglichkeit 2016 liefern.

Titelbild: GETTY