Hickersberger: „Rapid sollte den Titel holen“

  • Hickersberger bei SSNHD über den Meisterkampf: „Spieler die Rapid im Sommer verlassen müssen Spuren hinterlassen“
  • Der Ex-Nationaltrainer bei SSNHD über Österreichs EM-Chancen: „Das Achtelfinale ist ein Muss“
  • Der Meistertrainer über seine Zeit in Katar: „Mir ist es gut gegangen“

Wien, 10. März 2016. In der tipico Bundesliga deutet alles auf einen sensationell spannenden Meisterkampf hin und im Sommer greifen Österreichs Nationalspieler bei der Europameisterschaft in Frankreich an. Im großen Interview mit Matthias Berger (Twitter) von Sky Sport News HD spricht Ex-Nationaltrainer und Rapids Meistertrainer von 2005, Josef Hickersberger, unter anderem über Rapids Titelchancen, Österreichs Möglichkeiten bei der EM und die Weltmeisterschaft 2022 in Katar.

Josef Hickersberger über….

… den Abgang von Robert Beric und die Auswirkungen auf den Titelkampf: „Meiner Meinung nach wäre Rapid jetzt schon Meister, wäre Beric nicht verkauft worden. Denn das war eine Zäsur in der Spielanlage von Rapid, die musste geändert werden und die bereits entwickelten Automatismen waren nicht mehr vorhanden.“

… den aktuellen Titelkampf: „Ich empfinde es so, dass Rapid eine Mannschaft hat die einen Titel holen sollte. Gerade die Spieler, die Rapid im Sommer verlassen werden, müssen alles daran setzen Spuren zu hinterlassen und mit Rapid Meister zu werden, denn so schnell wird die Chance gegen Salzburg nicht mehr kommen.“

… seinen Meistertitel mit Rapid 2005: „Die Mannschaft die ich 2005 hatte war wirklich außergewöhnlich gut. Nicht umsonst waren wir in der Champions-League-Gruppenphase, das spricht für die Qualität.“

… mögliche Rapidler, die noch auf Kollers EM-Zug aufspringen könnten: „Stangl und Kainz sind die Kandidaten die sich in erster Linie aufdrängen könnten. Das hängt aber davon ab ob es noch Verletzungen im Kader gibt. Denn sonst ist es schwer noch auf den EM-Zug aufzuspringen.“

… seinen Sager „Ich nehme die Richtigen, nicht die Besten mit“: „Das ist sicher nicht Marcel Kollers Credo. Ich habe mir die Folgen bei diesem Satz zu wenig überlegt. Eigentlich ist der Satz nicht so dumm, denn manchmal müssen die Richtigen nicht die Besten sein. Aber damals im EM-Kader waren meiner Meinung nach mit ganz wenigen Ausnahmen die Besten, wo ich aus verschiedenen Gründen auf andere gesetzt habe. Man kann diesen Satz wenn man bösartig ist auch anders interpretieren, das ist zu oft geschehen.“

 

 

… die spezielle Atmosphäre bei einer EM und Zielsetzungen: „Ein Großereignis ist etwas Besonderes. Es kommt sehr viel Druck und Aufmerksamkeit dazu, darauf muss man sich vorbereiten. Aber ich traue der Mannschaft sehr viel zu – das Achtelfinale ist ein Muss! Auch das Viertelfinale ist erreichbar, danach wird die Luft aber dünn. Da würden wir dann auch Glück brauchen um noch weiter zu kommen, so realistisch muss man sein.“

… die Unterschiede der jetzigen Mannschaft und „seiner“ Mannschaft 2008: „Offen und ehrlich gesagt hatten wir keinen David Alaba, ein Weltklassespieler auf verschiedenen Positionen. Es gibt jetzt Ausnahmespieler, die es zu meiner Zeit nicht gegeben hat. Marko Arnautovic war noch nie so mannschaftsdienlich und torgefährlich wie jetzt. Das sind einfach Spieler mit individuellen Qualitäten, die 2008 gefehlt haben, um unser Ziel, das Viertelfinale, zu erreichen.“

… die rechte Abwehrseite im ÖFB: „Garics ist bei Darmstadt oft verletzt, Klein hat zuletzt wieder einen Einsatz gehabt. Achillesferse wäre etwas zu viel gesagt. Notfalls muss halt David Alaba rechter Verteidiger spielen, er wäre auch dazu in der Lage. Aber ich sehe Probleme auf der Torhüterposition wenn Almer nicht rechtzeitig fit wird.“

… Kollers EM-Kader und mögliche Neuzugänge: „Wenn ein Spieler jetzt noch dazukommt und bei der EM in der Startformation steht, dann muss viel Negatives passieren. Soviel Verletzungspech kann es gar nicht geben.“

… eine mögliche Einberufung von Florian Grillitsch und Alessandro Schöpf: „Bei mir wären Spieler, die in der deutschen Bundesliga so auffällig spielen, sicher im Kader gewesen. Koller hat ein Luxusproblem, es liegt an ihm das zu entscheiden. Aber die nächsten beiden Länderspiele sind natürlich eine günstige Gelegenheit zum Testen.“

… die WM 2022 in Katar: „Die klimatischen Bedingungen in Katar im Winter sind hervorragend für eine Fußball-WM, die Stadien werden jeden Luxus bieten den man sich vorstellen kann. Man könnte auch im Hochsommer spielen, weil alle Stadien überdacht und vollklimatisiert sind. Ich habe mit Bahrain gegen Katar in Doha gespielt und musste mir eine Jacke anziehen, weil es so kalt war. Nur für die Fans wäre es unmöglich, das ginge einfach nicht. Die Wahl auf Katar ist gefallen, warum auch immer, wie auch immer. Das bleibt jedem frei, sich auszudenken. Schauen wir mal wie es weitergeht, würde der Franz (Beckenbauer, Anm.) sagen. Die Menschenrechte schauen in Katar für die Gastarbeiter nicht besonders gut aus, dennoch verdienen die Arbeiter aus Bangladesch und Indien so viel Geld, dass sie ihre Familien in der Heimat ernähren können – es hat alles zwei Seiten. Ich war auch Gastarbeiter, allerdings als Trainer. Da ist es mir relativ gut gegangen. Ich habe zwar keinen Reisepass gehabt und konnte nirgends hinfliegen ohne Erlaubnis meines Arbeitgebers, aber mir ist es gut gegangen.