ÖFB vor richtungsweisender Sitzung

Wien (APA) – In Normalfall sind Präsidiumssitzungen des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) eine monatliche Routine-Angelegenheit. Nicht so um Samstagvormittag in Wien: Bei dem Treffen des Führungsgremiums geht es unter anderem um den genauen Zeitpunkt des Abschieds von Teamchef Marcel Koller und vor allem um den Posten des Sportdirektors.

Der aktuelle Amtsträger Willi Ruttensteiner kam zuletzt massiv unter Beschuss. Dem Oberösterreicher werden etwa die zuletzt schlechten Ergebnisse des A-Teams und die mangelnde Aufarbeitung der verkorksten EURO 2016 vorgeworfen. Außerdem dürfte es auch persönliche Differenzen zwischen Ruttensteiner und einigen Landeschefs geben, wie ÖFB-Präsident Leo Windtner eingestand.

Zuletzt kursierten Spekulationen, wonach der Rauswurf des derzeitigen Sportdirektors bereits beschlossene Sache sei und der – von Ruttensteiner erst vor wenigen Monaten zum ÖFB geholte – U19-Teamchef Peter Schöttel als Nachfolger feststehe. Diese Darstellung wollte Windtner gegenüber der APA nicht bestätigen. „Es ist alles offen. Die Entscheidung fällt am Samstag.“

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Zwar soll Ruttensteiner auf der Sitzung eine detaillierte Analyse der Talfahrt des Nationalteams abliefern, ob er selbst dann noch für die Wende sorgen kann, ist aber mehr als fraglich. In den vergangenen Tagen suchte bereits ein vierköpfiges Team aus dem Verband nach möglichen Nachfolgern. „Wir haben mit mehreren Personen gesprochen“, meinte Windtner.

Einer davon war Schöttel, wie der Wiener Verbandspräsident Robert Sedlaczek erklärte. „Es ist ja kein Geheimnis, dass er sich wie andere für den Job interessiert. Es wird sicher keiner genommen, der schlechter ist als Ruttensteiner“, bekräftigte der Vorsitzende der ÖFB-Schiedsrichterkommission.

Obwohl Windtner zuletzt Kritik an ihm geübt hatte, gilt Ruttensteiner als Vertrauensmanns des ÖFB-Präsidenten, der allerdings seit seiner Wiederwahl im Juni immer mehr in die Defensive geriet. Damals musste Windtner den Chefs der Landesverbände Zugeständnisse machen, um sein Amt zu behalten, was nicht ohne Folgen bleiben sollte.

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Offensichtlich wurde der Machtverlust des Oberösterreichers schon bei der Trennung von Mediendirektor Wolfgang Gramann, danach bei den Ereignissen rund um die Nicht-Vertragsverlängerung von Koller und jetzt auch bei der Diskussion um Ruttensteiner.

Wie es wirklich um die Mehrheitsverhältnisse im Präsidium bestellt ist, scheint unklar. Zumindest die Landespräsidenten von Salzburg und Tirol, Herbert Hübel und Josef Geisler, gelten als Windtner-Kritiker. Weitere stimmberechtigte Mitglieder sind Sedlacek, Wolfgang Bartosch (Steiermark), Johann Gartner (Niederösterreich), Gerhard Götschhofer (Oberösterreich), Gerhard Milletich (Burgenland), Horst Lumper (Vorarlberg) und Klaus Mitterdorfer (Kärnten). Dabei handelt es sich größtenteils um Unternehmer, Juristen oder Lokalpolitiker.

Neben Windtner selbst verfügen auch noch die Bundesliga-Vertreter Hans Rinner, Markus Kraetschmer und Erwin Fuchs über jeweils eine Stimme. Eine besondere Bedeutung könnte daher der Vorgehensweise der Liga-Delegation zukommen.

Rinner hielt sich gegenüber der APA bedeckt, was seine Prioritäten in punkto Sportdirektor betrifft. „Es werden Kandidaten präsentiert werden, und dann werden wir intern beraten, wen wir für den besten halten, und für den werden wir dann stimmen.“

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Auf jeden Fall sei von einem einheitlichen Stimmverhalten der Bundesliga-Funktionäre auszugehen. „Es ist wichtig, dass die Liga klar für etwas steht. Es macht keinen schlanken Fuß, wenn jeder für sich stimmt“, erklärte Rinner.

Neben der Person des Sportdirektors geht es am Samstag auch um dessen künftige Kompetenzen. Derzeit umfasst das Betätigungsfeld Ruttensteiners etwa den kompletten Nachwuchs- und Frauen-Bereich sowie die Trainer-Ausbildung und das A-Team. „Es wird auch über eine Neudefinition der Aufgaben diskutiert werden“, meinte Rinner.

Möglich wäre etwa eine Aufteilung der Agenden auf zwei Personen, wobei sich eine fast ausschließlich dem A-Team widmen könnte. „Ein Sportdirektor hat von den LAZ über die Akademien und die Trainer-Ausbildung viel Arbeit. Darüber hinaus gibt es noch das A-Team, das weit weg von den sonstigen Aufgaben ist. Da macht es durchaus Sinn, dass man das ein bisschen entflechtet“, meinte Rinner.

Außerdem könnte der künftige Sportdirektor nicht mehr wie derzeit dem Teamchef übergeordnet sein. „Das war damals der Wunsch von Ruttensteiner und ist auch so gekommen, aber ich halte das nicht für gescheit. Der Sportdirektor sollte beim A-Team eine beratende Funktion haben“, sagte Rinner.

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Ein Mitspracherecht bei der Bestellung des neuen Teamchefs wird Ruttensteiner oder seinem Nachfolger laut dem Bundesliga-Präsidenten aber definitiv zugestanden. „Es ist legitim und logisch, dass der Sportdirektor bei dieser Entscheidung mitredet.“

Wie groß die Verantwortung des Sportdirektors in dieser Frage wirklich sein wird, ließ Windtner jedoch offen. „Der Sportdirektor macht ein Update des Anforderungsprofils für den Teamchef. Wer ihn dann aussucht, wird man dann sehen.“

Artikelbild: GEPA