PSG & Messi: Ein Mega-Deal mit ordentlich Risiko-Potenzial

Mit Lionel Messi will PSG endlich den Champions-League-Titel einsacken. Doch trotz des fast finalisierten Transfers der Fußballlegende wird das Vorhaben für Paris alles andere als einfach. Denn so genial Messi auch auf dem Fußballplatz ist, könnte der Transfer auch Probleme mit sich bringen.

Lionel Messi wäre gerne bei seinem Herzensklub aus Barcelona geblieben. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal verabschieden muss, doch nun ist dieser Tag da“, erklärte der Argentinier am Sonntag unter Tränen auf einer Pressekonferenz (zum Nachlesen).

Dafür hätte er wohl auch auf viel Geld verzichtet. Hilft am Ende jedoch nichts. Den Katalanen waren aufgrund der Gehaltsobergrenze der spanischen Liga und den hohen Schulden die Hände gebunden. Das klamme Barca kann sich den Linksfuß nicht mehr leisten und so muss Messi nach 21 Jahren im blau-roten Trikot gehen.

PSG tut das Unmögliche

Das eröffnet Paris Saint-Germain, dem durch Katar-Millionen finanzierten Klub aus Frankreich die Möglichkeit, etwas zu schaffen, was unmöglich schien nach 778 Pflichtspiele für Barca. Und der Copa-America-Sieger kann es selbst noch nicht richtig glauben: „Ich bin nicht bereit dafür.“ Doch alles sieht danach aus, als würde Messi künftig im Parc de Princes spielen.

Diese Chance musste PSG nutzen. Seit Jahren keimen immer wieder Gerüchte auf: Wenn Messi jemals den Verein wechseln würde, dann blieben wohl nur Paris oder Manchester City übrig. Zudem soll ein gewisser Neymar schon länger den Klub dazu drängen, es bei dem Weltstar zu probieren.

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Nun wird es wohl Realität. Einer der größten, wenn nicht sogar der größte Fußballer aller Zeiten ist ablösefrei auf dem Markt. Und Paris lechzt nach dem Titel in der Champions League, den auch der Argentinier unbedingt noch einmal gewinnen will. Mit Messi soll endlich auf Europas Thron Platz genommen werden. Doch ist das so einfach? Der Megastar kommt und der Champions-League-Titel ist sicher? Wahrscheinlich nicht. Sky zeigt mögliche Brandherde auf, die mit dem Messi-Deal einhergehen könnten.

Wie bewältigt Trainer Pochettino die Aufgabe?

Mauricio Pochettino ist seit Januar bei PSG im Amt. Der Argentinier, vorher fünf Jahre bei Tottenham auf der Bank, schaffte es in der Rückrunde mit PSG nicht, die französische Meisterschaft einzufahren, in der Champions League war zudem gegen Manchester City im Halbfinale Schluss. Das soll PSG nicht nochmal passieren. Dafür bekommt der 49-Jährige Gianluigi Donnarumma, Sergio Ramos, Georginio Wijnaldum und Messi an die Hand. Wie er diese Hochkaräter und vor allem wie er Messi im Verbund mit Kylian Mbappe und Neymar zum Funktionieren bringen möchte, darf mit Spannung erwartet werden.

https://www.skysportaustria.at/psg-spieler-wurden-ueber-messi-wechsel-informiert/Denn obwohl Pochettino bei PSG immer wieder auch auf ein 4-3-3 zurückgreift, spielt er gerne mit einer echten Spitze – beispielsweise im 4-2-3-1. Diese Rolle nahmen bei Southampton Rickie Lambert und bei Tottenham Harry Kane ein, bei PSG tat es bisher Messis Landsmann Mauro Icardi. Für den – immerhin 2020 für 50 Millionen Euro verpflichtet – dürfte es nun vorne eng werden, wenn Mbappe in Paris bleibt. Trotz seiner Vorliebe wird Pochettino zumindest auf europäischer Ebene aller Voraussicht nach vorne das Trio aus Messi, Neymar und Mbappe aufbieten. Dann wohl im 4-3-3. Ob Icardi das auf sich sitzen lässt oder Pochettino das große Rotieren anfängt, bleibt vorerst offen.

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Die französischen Ligagegner aus Brest, Bordeaux oder Lorient dürfen einem jetzt schon leidtun. Welches Team hätte diese Drei nicht gerne im Angriff. Und obwohl die Welt bisher nie eine stärkere Angriffsreihe gesehen hat, gibt es hier Konfliktpotenzial.

Wo bleibt der Sinn für die Defensive?

Mit Neymar und Mbappe hat Pochettino bereits zwei Spieler im Team, deren Aufmerksamkeit für die Defensive gen null geht. Mit Messi würde ein weiterer Spieler hinzukommen. Alle drei Spieler sind Individuen, die gerne ihre Freiheiten haben. Neymar hat diese bereits seit Jahren bei Paris, auch Messi hatte sie beim FC Barcelona und das nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz.

Diesen Anspruch hat auch Frankreichs Superstar Mbappe. Er wird sich nicht hintanstellen wollen. Keiner der drei Spieler möchte sich in ein Korsett zwängen lassen. Und keiner von ihnen möchte gerne Defensivarbeit verrichten. Wenn einer nicht mitarbeitet, kann die Mannschaft der Qualität von PSG wohl verkraften, aber zeitgleich drei Spieler von defensiven Aufgaben zu entbinden? Schwierig.

PSG steht vor einer komplett neuen Hierarchie

Für Pochettino und sein Team wird es ebenfalls eine schwierige Aufgabe, eine funktionierende Hierarchie herzustellen. Mit Ramos (vorher Kapitän bei Real und in Spaniens Nationalmannschaft), Wijnaldum (Kapitän der niederländischen Nationalmannschaft und Stellvertreter bei Liverpool) und höchstwahrscheinlich Messi (Kapitän beim FC Barcelona und der argentinischen Nationalmannschaft) würde der französische Hauptstadtklub drei absolute Alphatiere hinzubekommen, plus Kapitän Marquinhos, Mittelfeldabräumer Marco Verratti sowie Neymar und Mbappe. Wer von diesen Alphatieren gibt sich mit einer niedrigeren Rolle in der Hierarchie zufrieden?

Es wäre nicht die erste Neiddebatte innerhalb eines Profiklubs. Hier wird Pochettino Moderationskünste zeigen müssen, damit das Gefüge bei den Franzosen nicht völlig durcheinandergewirbelt wird.

Moderationskünste könnten auch zwischen Sergio Ramos und Lionel Messi in der einen oder anderen Situation gefragt sein. Beide Spieler sind absolute Vollprofis und stellen alles dem Erfolg unter. Doch beide duellierten sich die vergangenen 16 Jahre auf Weltniveau. Von zwei verfeindeten Klubs kommend, müssen sie nun bei PSG im hohen Fußballalter zusammenfinden und alte Rivalitäten beiseitelegen. Haben beide etwas zu sagen und gegenseitige Philosophien, könnte es knistern.

Beschleunigt Messi den Wechselwunsch von Mbappe

Knistern könnte es auch zwischen Messi und Mbappe. Der pfeilschnelle Franzose ist auf dem Weg zum absoluten Weltstar und zugleich die Zukunft für PSG. Jedoch gibt es immer wieder Gerüchte, dass Mbappe gerne zu Real Madrid wechseln würde. PSG möchte dies aber verhindern und mit Mbappe den Henkelpott gewinnen.

Der Messi-Deal könnte aber die Abschiedsgedanken noch einmal befeuern. An Messis Status wird auch Mbappe trotz „Heimvorteil“ nicht herankommen. Gibt er sich damit zufrieden, die zweite oder dritte Geige zu spielen oder will er lieber als Königstransfer bei den „Königlichen“ als neuer Superstar glänzen? Dies könnte eine der ganz spannenden Frage werden und PSG noch bis zum Ende der Transferperiode beschäftigen sowie für Unruhe im Team und Umfeld sorgen.

Team als Star oder viele Stars und kein Team?

Wie bereits erwähnt, ist die Mannschaft von Paris mit vielen Alphatieren gespickt und natürlich auch mit einer unheimlichen Klasse, die auch ohne den Messi-Transfer schon kaum zu überbieten ist. Doch als eine demütige Einheit haben sich die Pariser bisher nur selten hervorgetan. Nicht umsonst wurde in den vergangenen Jahren immer wieder auch das Motto „Der Star ist das Team“ thematisiert.

Schaut man sich die vergangenen drei Champions-League-Sieger an, dann sieht man auch beim FC Chelsea, dem FC Bayern und dem FC Liverpool jede Menge Stars auflaufen, aber trotzdem tat sich gefühlt nie jemand mit dem Status eines Messis, eines Neymars oder eines Mbappes hervor.

Chelsea, Bayern und Liverpool machten es vor

Bei jedem der drei Teams stimmte die Mischung und es gab keine Überfrachtung einzelner Mannschaftsteile. Zwar standen beispielsweise mit Salah oder Lewandowski auch oft Stars im Rampenlicht. Die drei deutschen Trainer Jürgen Klopp, Hansi Flick und Thomas Tuchel schafften es jedoch immer, das Team und eine taktische Spielweise in den Vordergrund zu stellen. Das Kollektiv war ihnen immer wichtiger als die einzelnen Spieler. Aktuellstes Beispiel waren die Italiener bei der vergangenen Europameisterschaft, die sich auch vornehmlich über das Kollektiv definierten.

Gegen diese Einheiten sahen Messi und der FC Barcelona auf großer Bühne zuletzt nicht immer gut aus. Da gab es zum Beispiel das denkwürdige 0:4 nach dem 3:0-Hinspiel-Sieg gegen Liverpool im Halbfinale 2018/19 und die historische 8:2-Klatsche gegen den FC Bayern 2019/20. Der viermalige Champions-League-Sieger schaffte es seit seinem letzten Triumph 2015 mit Barcelona nur einmal weiter als das Viertelfinale. 2020/21 reichte es sogar nur für das Achtelfinale.

In der K.o.-Phase der Klnigsklasse kommt es auf das System an und nicht nur auf die Individuen. Das bekam Messi in der Vergangenheit nach der gemeinsamen Ära mit Xavi und Iniesta immer wieder zu spüren. Auch wenn es einer Gotteslästerung gleicht, dass auch Messi international auf eine starke Mannschaft angewiesen ist, zeigten seine Leistungen in den vergangenen Saisons.

Altes Eisen statt junge Talente

Ein weiterer Wermutstropfen, der bei den erfolgshungrigen Fans möglicherweise weniger Beachtung findet, ist das Zeichen, dass PSG an seine Jugend setzt. Der aus Katar unterstützte Klub bildet regelmäßig junge und vor allem hoch veranlagte Spieler aus. Sie setzen sich jedoch zu selten durch. Und auch die aktuelle Transferperiode zeigt: PSG will den kurzfristigen Erfolg und verbaut vielen Talenten den Weg.

Nicht jeder von ihnen mag das Zeug zum CL-Sieger zu haben, aber mit Kingsley Coman (1:0-Siegtor im CL-Finale 2020) hat zum Beispiel auch schon einer von ihnen bewiesen, dass er PSG höchstpersönlich Europas Krone vor der Nase wegschnappen kann und es nicht unbedingt einen Messi im Team braucht.

(via Max Georg Brand/Sky Sport DE) / Bild: Imago