Respektvoller Dreikampf um ÖFB-Einserleiberl

Die Einserfrage in der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft wird wohl noch länger unbeantwortet bleiben. Teamchef Franco Foda kündigte zuletzt an, eventuell erst kurz vor dem ersten EM-Match am 13. Juni in Bukarest gegen Nordmazedonien seine Entscheidung zu treffen. Die drei Anwärter Alexander Schlager, Pavao Pervan und Daniel Bachmann gehen gelassen mit dieser Situation um und hoben am Montag im ÖFB-Teamcamp in Bad Tatzmannsdorf den gegenseitigen Respekt hervor.

In den jüngsten drei Länderspielen im März stand Schlager im Tor, konnte dabei aber keine großartige Eigenwerbung betreiben. „Mir wäre lieber gewesen, der letzte Lehrgang wäre positiv verlaufen, aber das war nicht der Fall. Solche Phasen muss man als Profi durchmachen und trotzdem weiter Gas geben“, meinte der Salzburger.

Dass in puncto Stammkeeper wohl noch länger Unklarheit herrschen wird, löst bei Schlager zwiespältige Gefühle aus. „Prinzipiell ist es immer angenehmer, wenn man es früher weiß. Aber letztlich gewöhnt man sich dran, wenn man relativ kurzfristig vor einem Match erfährt, wer spielt.“

Für Schlager spricht unter anderem die Turniererfahrung – der 25-Jährige war bereits bei vier Nachwuchs-Endrunden dabei und absolvierte dabei elf Einsätze. „Sicher hilft die Turniererfahrung, wobei man sagen muss, dass die EM noch einmal eine andere Ebene ist“, erklärte Schlager.


Derzeit befinde sich keiner aus dem Trio in Pole Position, betonte der LASK-Schlussmann. „Jeder haut sich rein, dann werden wir sehen, wie der Teamchef entscheidet.“ Der Konkurrenzkampf wird laut Schlager respektvoll ausgetragen. „Wir sind im Training ja auch zu einem gewissen Teil voneinander abhängig und kommen gut miteinander aus. Es ist wichtig, dass derjenige unterstützt wird, der dann spielt.“

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Bachmann hob ebenfalls das gute Verhältnis der Torleute hervor. „Wir verstehen uns sehr gut“, sagte der Niederösterreicher, der auch dank Corona auf den EM-Zug aufsprang. Vor einem Jahr fehlten ihm noch die Einsatzzeiten, seither stieg er zum Watford-Stammgoalie auf. „2020 hätte ich keine Chance gehabt, die Verschiebung hat mir geholfen. Jetzt bin ich dabei und will spielen.“

Bachmann strotzt nach eigenen Angaben vor Selbstvertrauen. „Die letzten Monate hätten auf Vereinsebene nicht besser laufen können mit dem Premier-League-Aufstieg und meinen persönlichen Leistungen. Jetzt noch zur EM zu fahren, ist das i-Tüpfelchen.“

Auf die Frage, was für ihn als ÖFB-Einsergoalie spreche, meinte Bachmann: „Ich brauche nicht Werbung für mich zu machen. Ich habe eine sehr gute Saison beim Verein gespielt und meine Visitenkarte abgegeben.“ Außerdem sagte Bachmann: „Ich kann mich an keinen Fehler von mir in dieser Saison erinnern.“

Deshalb sieht er auch seinen Stammplatz bei Watford nicht in Gefahr. „Ich werde sicher als Nummer eins in die Saison gehen. Wir sind im Verein bei den Torhütern gut aufgestellt, ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da noch etwas tut“, erklärte der 26-Jährige, der noch auf sein Nationalteam-Debüt wartet.

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Eine Premiere im Testspiel am Mittwoch in Middlesbrough gegen England hätte für Bachmann einen besonderen Reiz, schließlich lebt er seit zehn Jahren auf der Insel. „Gegen England zu debütieren, wäre überragend. Meine Frau ist aus England, meine Kinder sind dort geboren“, erzählte Bachmann.

Doch auch Pervan rechnet sich Chancen auf einen Einsatz gegen die Engländer und später bei der EM aus, schließlich durfte er in sechs Länderspielen im Herbst sein Können zeigen und ließ sich dabei nichts zuschulden kommen. „Ich war da mit meinen persönlichen Leistungen durchaus zufrieden. Leider konnte ich dann im Verein nicht sofort weiterspielen“, meinte der 33-Jährige.

Im Gegensatz zu Schlager und Bachmann fehlt Pervan die Spielpraxis. Bei Wolfsburg brachte er es in der abgelaufenen Saison auf vier Einsätze, in diesem Kalenderjahr stand der frühere LASK-Schlussmann nur in einem Bewerbsmatch auf dem Platz.

Seit seinem Wechsel zum VfL muss sich Pervan hinter Koen Casteels anstellen. „Doch ich habe in den letzten drei Jahren insgesamt 34 Spiele gemacht, das ist wie eine Bundesliga-Saison“, betonte Pervan. „Es ist nicht so, dass ich drei Jahre nur auf der Bank gesessen bin. Sicher wäre es besser, wenn ich jede Woche spielen würde. Aber ich hoffe, die Leute, die mich einberufen haben, haben sich etwas überlegt und nicht nur auf Zahlen geschaut.“

Auf große Sprüche verzichtet der siebenfache ÖFB-Teamspieler bewusst. „Ich bin nicht der Typ, der mit großen Worten um sich wirft und sich lobt. Ich versuche, auf dem Platz zu zeigen, warum ich die richtige Wahl bin.“ Sollte die Wahl nicht auf ihn fallen, „würde die Welt auch nicht untergehen, auch wenn ich natürlich gern spielen würde“, sagte Pervan. Der Deutschland-Legionär wähnt Teamchef Foda in einer angenehmen Position. „Ich glaube, bei keinem von uns würde man einen Fehler machen.“

(APA)

Artikelbild: GEPA