Projekt Olympia: Terminstress vor finalem Trainingscamp
Wird das olympische Rennen dadurch zu einem offenen Kampf oder gibt es auf dieser Bahn Favoritinnen?
Ich glaube, es haben noch nicht alle mit ihren A-Garnituren geschoben. Es ist sicher offener, als wenn in Igls gefahren werden würde, wo es wirklich sehr um den Start geht. Aber es werden sich die, die normalerweise in den Top sechs, Top acht fahren, vorne ausmachen. Einfach, weil das fahrerische Niveau entsprechend ist. Aber es wird ein richtig, richtig spannendes Rennen denke ich.
Es wird aber auch wie sonst wahrscheinlich nie darum gehen, wer einfach mit den Gegebenheiten – eingesperrt sein, mit dem Fehlen von allem drumherum – am besten umgehen kann. Also das wird sicher kein Faktor sein, der zu vernachlässigen ist. Da spielt auch das Mentale mit. Bei den Spielen 2018 war da viel drumherum: Du hast das Österreich-Haus, viel Fernsehen da und diesmal wird’s jetzt wirklich einfach auf die sportliche Leistung reduziert werden.
Die Rennen im Monobob sind erstmals olympisch – was kann man von dir in der zweiten Disziplin erwarten?
Es war schwierig in China drüben, aber in Innsbruck sind wir am Dienstag zum ersten Mal gefahren, weil der Bob erst am Montag angekommen ist und so lange davor im Zoll gehangen ist. Es war hier wieder gut, einfach weil ich mich hier eingefunden habe. Wir haben im Weltcup acht Rennen im Monobob zum normalen Zweier dazu. Es ist natürlich der Fokus am Zweier, aber es ist die Chance auf eine Olympiateilnahme und eine Medaille da und wir werden auch schauen, was geht, testen und drüben hoffentlich gut performen.
Ist der neue Bewerb für Außenseiterinnen eine realistische Möglichkeit auf eine Medaille?
Ich glaube, dass da noch mehr möglich ist, dass da auch Außenseiterinnen vorne reinfahren können, weil da doch die Leute noch nicht so konstant wie im Zweier fahren. Deshalb wird da noch mehr möglich sein als im Zweier, auch für jemanden, mit dem man nicht rechnet. Ich rede da jetzt nicht explizit von mir, weil das ist sicher nicht meine Paradedisziplin. Aber selbst da… ich treff’s da auch manchmal gut und wenn’s dann nur drei von vier Mal aufgeht, dann bist du wahrscheinlich schon ganz weit vorne dabei. Es sind halt noch viele Fahrfehler drinnen bei allen. Dass auch der Start dann noch nicht so wichtig ist, das haben wir schon erkannt.
Nachdem dein Fokus auf den Zweier-Rennen liegt, wie wirst du die Saison im Monobob planen?
Wie im Weltcup gibt es auch im Monobob einen Europa- und einen Nordamerika-Cup. Wir werden aber sicher nicht hinüberfliegen, das geht sich gar nicht aus. Weil wir fahren jetzt durchgehend bis zum 17. Jänner jede Woche Rennen, außer zu Weihnachten. Aber da sind wir auch in Lettland und da würde sich nichts Zusätzliches ausgehen.
„Das Schlimmste wird sein; du bist qualifiziert, geimpft und hast dann einen positiven, asymptomatischen Test und musst dann daheimbleiben. Das wollen wir einfach wirklich vermeiden.“
Warum habt ihr euch für diesens Trainingscamp statt für eine Heimreise über die Feiertage entschieden?
Wir werden vom letzten Weltcup davor in Altenberg direkt rüberfahren, nur, dass wir nicht acht Stunden runter und dann wieder 20 Stunden nach Lettland fahren müssen. Da ist der Weltcup anschließend am Neujahrstag und wir werden deswegen dort Weihnachten gemütlich verbringen, aber das dafür mit wenig Stress und wenig Fahrtaufwand kurz vor den Rennen.
Insgesamt sind wir vom 29. November an durchgehend weg, aber Olympia ist nur einmal und sonst würden wir das eh nicht so durchdrücken. Es ist halt jetzt ein bisschen extremer, aber wir werden gleich am 17. Jänner ins Olympiazentrum in Niederösterreich einziehen und dort quasi in Quarantäne gehen, um der Gefahr einer Ansteckung zu entgehen. Das Schlimmste wird sein; du bist qualifiziert, geimpft und hast dann einen positiven, asymptomatischen Test und musst dann daheimbleiben. Das wollen wir einfach wirklich vermeiden. Aber wenn man weiß, dass es nicht jedes Jahr ist, kann man alles leichter angehen.
Deine Anschieberin Jennifer Onasanya ist bei den Spielen erstmals für Österreich startberechtigt. Wie habt ihr das Ziel Olympia gemeinsam ins Visier genommen?
Seit April ist sie fix da für das Projekt Olympia. Nachdem sie die Staatsbürgerschaft bekommen hat und wir da trainieren können, wird da alles aufgefahren, was möglich war. Sie hat davor auch 40 Stunden gearbeitet neben dem Training. Jetzt ist sie als Vollzeitjob beim Bundesheer, hat die Sporthilfe und kann sich ganz aufs Training konzentrieren.
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Wie sieht die diesbezügliche Situation bei dir aus?
Ich bin jetzt schon eineinhalb Jahre bei der Polizei und bin froh, dass ich da jederzeit Trainings machen kann, weil es doch sehr zerrend ist. Jeden Tag acht Stunden arbeiten wäre da nicht möglich bei dem Trainingsaufwand. Auch mit meinem Jus-Studium habe ich da eine Perspektive und brauche mir nicht Gedanken machen, dass ich nichts habe, wenn ich mit dem Sport aufhöre oder mal eine Verletzung habe und aufhören muss. Es ist ja alles immer möglich. Aber da habe ich einen guten Background, dass ich da weiterarbeiten kann. Auch für danach hat man einfach einen Plan im Hinterkopf für mehrere Jahre und kann sich gut auf den Sport jetzt einlassen.
Auch wenn Olympia 2022 jetzt klarerweise im Fokus liegt – gibt es bereits Pläne für die Saisons danach?
Es hängt viel davon ab, wo bei den Spielen 2026 die Bobbewerbe gefahren werden. Es ist noch immer nicht klar, ob Italien eine Bahn baut oder ob sie in Igls oder Königssee fahren, wenn sie die Bahn dort wieder aufbauen. Das würde dann ganz andere Voraussetzungen schaffen. Der Plan ist schon, dass wir es bis dahin durchziehen, aber das ist jetzt mal wirklich im Hintergrund.
Ihr seid momentan das einzige österreichische Frauen-Duo im Weltcup. Wie sieht die Situation im Bob-Nachwuchs aus? Plant ihr wieder Scoutings bei anderen Sportarten, nachdem du auch als Leichtathletin begonnen hast?
Es gibt bei den Frauen, anders als bei den Herren, gerade kein Nachwuchsteam. Wirklich weltcupfähig ist da noch niemand, aber wir versuchen natürlich immer zu scouten. Und es kann sich jeder melden, der sich denkt, Bobfahren könnte vielleicht seines sein, wenn man eben schon aus einer Sportart davor kommt – Leichtathletik, Football, was auch immer. Dann ist man herzlich eingeladen, sich bei uns Piloten oder beim Verband zu melden und wird eine Möglichkeit bekommen, sich vorzustellen.
Die Wenigsten haben gedacht, dass Bobfahren ihre Sportart ist und sind dann da gelandet und ganz erfolgreich. So suchen wir auch immer wieder bei Startwettkämpfen, die wir manchmal mit der mobilen Anschubbahn machen, dass wir da einfach Leute dazu bringen. Denn je mehr wir haben, desto mehr haben wir auch für die Spitze.
Abschließend, wenn du dich zwischen einer Olympiamedaille und dem erneuten Gesamtweltcupsieg entscheiden müsstest – welchen Erfolg würdest du wählen?
Die Medaille – es ist doch die höchste Krönung, die man in einer olympischen Sportart erreichen kann. Der Gesamtweltcup bringt zwar Geld, aber Olympia ist doch einfach das große Ziel und ein Thema, seit man anfängt mit dem Bobfahren. Deswegen würde ich die Olympiamedaille nehmen – egal welche.

(Red.)
Beitragsbild: Imago.