„Shoot-out“ und Zeitstrafen: FIFA denkt über Revolutionen nach

 

Zürich/Frankfurt (SID) – Die Mega-WM war erst der Anfang: Nach der historischen Entscheidung für 48 Teams ab der Endrunde 2026 werkelt die FIFA an noch viel gravierenderen Reformen. Bald könnten die WM-Spiele im sogenannten „Shoot-out“ statt im Elfmeterschießen entschieden und Fouls mit Zeitstrafen statt mit Gelben Karten bestraft werden – darüber denkt zumindest der neue Technische Direktor des Fußball-Weltverbandes nach.

„Wir müssen den Fußball beobachten und immer prüfen, ob und wie wir ihn verbessern können, um das Spiel ehrlicher, dynamischer, interessanter zu machen“, sagte der Niederländer Marco van Basten, der Ende September von FIFA-Präsident Gianni Infantino zum „Leitenden Beauftragten für Technische Entwicklung“ ernannt worden war, der Sport Bild. Die Gedankenspiele dürften viele Fans abschrecken – auch, wenn der frühere Weltstar versucht zu beschwichtigen.

„Den Fußball weiterzuentwickeln ist gut, jedoch sollten das Spiel und der Spielfluss nicht darunter leiden und nicht grundlegend verändert werden“, sagte van Basten: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu viel in zu kurzer Zeit verändern. Wir müssen Schritt für Schritt machen.“

Anfang Januar hatte sich die FIFA aber selbst unter Zugzwang gesetzt. Die Mega-WM wird nämlich in 16 Dreiergruppen gespielt – die Gefahr, dass es im letzten Vorrundenspiel zu Mauscheleien kommt, steigt dadurch deutlich.

„Spielt eine Mannschaft zum Beispiel 0:0 gegen einen Gegner und 1:0 gegen den anderen, ist das Risiko groß, dass am Ende alle drei Mannschaften punktgleich sind und das gleiche Torverhältnis haben“ sagte van Basten. Eine mögliche Lösung: Bei einem Unentschieden geht es ins Elfmeterschießen – oder eben in ein Shoot-out, was vor Jahrzehnten zu Zeiten von Franz Beckenbauer bei Cosmos New York Ende der 1970er Jahre schon einmal in der US-Liga praktiziert wurde.

„Jede Mannschaft hat fünf Versuche. Der Schiedsrichter pfeift, dann läuft der Spieler aus 25 Metern auf den Torwart zu. Innerhalb von acht Sekunden muss die Aktion abgeschlossen sein“, äußerte van Basten: „Der Torwart darf den Strafraum nicht verlassen, wenn er pariert, ist es vorbei.“

Das sei „spektakulär für die Zuschauer“, sagte der 52-Jährige, dem beim Elfmeterschießen im EM-Halbfinale 1992 gegen Dänemark (2:2, 4:5 i.E.) die Nerven versagt hatten. Der angreifende Spieler habe mehr Möglichkeiten. „Er kann dribbeln, schießen, abwarten, wie der Torwart reagiert – das ähnelt mehr einer typischen Spielsituation“, sagte van Basten.

Zeitstrafen statt Gelber Karten hatte zuletzt schon Julian Nagelsmann, Trainer des Bundesligisten 1899 Hoffenheim, angeregt. „Von einer Gelben Karte für den Gegenspieler hast du als angreifende Mannschaft wenig“, sagte van Basten: „Eine Idee ist, die Gelbe Karte durch eine Zeitstrafe von fünf oder zehn Minuten zu ersetzen. Das schreckt ab. Es ist doch schwieriger mit 10 gegen 11, geschweige denn mit 8 oder 9.“

Außerdem sei der FIFA das Zeitspiel in der Schlussphase ein Dorn im Auge. „Je länger eine Auswechslung, die Ausführung eines Freistoßes oder die Behandlung eines verletzten Spielers dauern, desto mehr Spielzeit geht verloren“, sagte van Basten, der anregte, die letzten zehn Minuten zu einer Phase der „effektiven Spielzeit“ zu machen.

Auf der Agenda stehen unter anderem auch Ideen zur Verhinderung der Rudelbildung, der maximalen Anzahl an Fouls und sogar zu Abschaffung des Abseits‘. Aber, „ich fürchte, viele Leute werden dagegen sein“, sagte auch van Basten.

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