Super-G in Wengen für alle ein Sprung ins kalte Wasser

Das erste der vier Rennen in diesem Weltcup-Winter in Wengen hat absolut Seltenheitswert. Auf dem Programm steht am Donnerstag (12.30 Uhr) der Super-G, der zuerst im November in Lake Louise und dann Ende Dezember in Bormio abgesagt worden war. Einer Austragung am Fuße von Eiger, Mönch und Jungfrau steht wettertechnisch nichts im Weg. Auf die Kurssetzung auf einer Strecke mit Start oberhalb der Minschkante waren alle Läufer gespannt.

Bisher gab es dreimal in der Geschichte der Internationalen Lauberhornrennen einen Super-G, nur einmal war das Rennen jedoch tatsächlich in Wengen. 1994 setzte sich der für Luxemburg startende Vorarlberger Marc Giradelli vor den beiden Norwegern Jan Einar Thorsen und Atle Skaardal durch. 1988 fanden die Lauberhornrennen samt einem Super-G (Sieger Felix Belczyk aus Kanada) ersatzweise in Leukerbad statt, 1990 wurde in Val d’Isère gefahren. Günther Mader war damals bei einem Sieg des Schweizers Steve Locher Dritter.

Von den derzeit Aktiven hat jedoch niemand Weltcup-Erfahrung bei einem Super-G in Wengen gesammelt. „Es ist für alle Neuland, aber es ist für jeden alles möglich“, sagte Olympiasieger Matthias Mayer, der bereits einmal in Wengen gewonnen hat; 2020 entschied der Kärntner die Alpine Kombination für sich. Wie der Super-G aussehen werde, sei „echt schwierig zu sagen“, meinte er. „Manche Passagen, speziell am Anfang wie das Kernen-S, werden natürlich ähnlich wie die Abfahrt sein. Aber im Abschnitt Langentrejen kann man ein bisschen mehr Kurven fahren.“

Neugierig ist auch Max Franz, der am Mittwoch im zweiten Abfahrtstraining die Bestzeit fuhr. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viel anders ausschauen wird in gewissen Passagen, aber bin gespannt und freue mich darauf“, sagte der 32-Jährige. Im Super-G war er in diesem Weltcup-Winter Siebenter in Gröden und Zwölfter in Bormio, nachdem er in Beaver Creek zweimal ausgefallen war. In Hinblick auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking benötigt er noch ein herzeigbares Resultat.

„Ich fahre brutal gut Ski. Wenn alles zusammenpasst, kann ich vollmitfahren. Das hab ich schon gezeigt. Das ist natürlich das Ziel, alles parat zu haben, dass ich da voll angreifen kann“, verlautete der Kärntner. Die Olympischen Spiele müsse man sich „sowieso verdienen. Wenn du nichts zusammenfährst, hast du da drüben auch nichts verloren, dann fährst du um die Ananas mit. Das interessiert dann auch niemanden“.

Als Fixstarter im olympischen Super-G-Aufgebot gilt Vincent Kriechmayr, der nach einer Coronavirus-Infektion erst am Mittwoch in die Schweiz reiste. Der Oberösterreicher war in dieser Saison zweimal Fünfter und stand zweimal als Dritter auf dem Podium. Mayer ist nach zwei zweiten Plätzen (Beaver Creek I und Gröden) und Rang vier (Beaver Creek II) Zweiter im Super-G-Weltcup und wird ebenfalls definitiv in China sein am Start sein. In Bormio-Super-G patzte er und wurde nur 13.

Im Ranking liegt er 70 Punkte hinter Aleksander Aamodt Kilde, der drei der vier bisherigen Rennen gewonnen hat. „So wie es zurzeit ausschaut, wird das der Klide heimfahren. Aber ich werde natürlich alles probieren und Gas geben“, sagte Mayer. „Kilde ist bei jedem Super-G in der Favoritenrolle, so wie er sich heuer präsentiert hat.“ Der Norweger freute sich auf die spezielle Aufgabe: „Es ist ein Super-G, den noch niemand gemacht hat. Es wird spannend. Hoffentlich geht das gut für mich.“

Gute Karten hinsichtlich eines Peking-Tickets hat im österreichischen Team Raphael Haaser, der in Bormio Zweiter hinter Kilde war. „Ich will wieder eine gute Leistung abrufen, dann sehen wir eh, was rauskommt“, gab sich der Tiroler gewohnt cool. Daniel Hemetsberger wollte die eigenen Erwartungen nicht allzu hoch schrauben: „Ich tue mir mit dem aggressiveren, trockenerem Schnee ein bisschen schwerer. Und im Super-G habe ich es heuer noch nicht so zeigen können, was ich draufhabe.“ Er wurde von den Trainern schlussendlich nicht für das Rennen aufgestellt.

Angerichtet ist jedenfalls alles für prächtige Bilder aus dem Berner Oberland. Von Donnerstag bis Sonntag ist es meist wolkenlos, zudem klettern die Temperaturen aus dem jetzt teils zweistelligen Minusbereich nach oben. Wie am vergangenen Wochenende in Adelboden werden auch zu den Lauberhornrennen Zuschauer erlaubt sein, allerdings noch nicht am Donnerstag. Das Rennen kann entlang der Strecke von anderen Pisten kostenlos mitverfolgt werden. Die Zuschauerräume am Girmschbiel und in der Zielarena bleiben jedoch geschlossen, weil den Organisatoren die Zeit, um die behördlichen Auflagen umzusetzen, zu knapp war.

(APA)

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