ÖSV-Damen trauern mit Shiffrin – „Gibt Wichtigeres als Skifahren“

Der plötzliche Tod des Vaters von Mikaela Shiffrin hat auch im Lager der österreichischen Ski-Damen Betroffenheit ausgelöst. Alle sprechen der Ausnahme-Rennläuferin ihr tiefes Mitgefühl aus. „Das sind Momente, wo man wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. Dass es doch nur Skifahren ist und es sehr viele andere Sachen gibt, die viel wichtiger sind“, sagte Nicole Schmidhofer.

Shiffrin wird bei den Weltcuprennen dieses Wochenende in Garmisch-Partenkirchen fehlen, der Zeitpunkt ihrer Rückkehr in den Skisport ist ungewiss. Jeff Shiffrin, der für die Familie „unser Berg, unser Ozean, unser Sonnenaufgang, unser Herz, unsere Seele, unser Alles“ war, wie die Tochter in den sozialen Medien schrieb, starb bei einem Unfall daheim an Kopfverletzungen. Er war zuletzt zur Weihnachtszeit wie Mutter Eileen auf Bitten von Mikaela nach Lienz gereist, um der Tochter aus ihrer sportlichen Mini-Krise zu helfen – sie gewann daraufhin Riesentorlauf und Slalom in der Dolomitenstadt.

Die österreichische Speedspezialistin Schmidhofer erzählte, dass es ihr im Nachhinein lächerlich erscheint, dass es für sie selbst schlimm gewesen sei, weil sie wegen einer Erkrankung die Abfahrt in Bansko auslassen musste. „Weil es ist einfach nur um ein Rennen gegangen und um nicht wirklich viel mehr.“ Den Papa und damit eine so wichtige Bezugsperson zu verlieren, sei „brutal“. „Ich hoffe, sie nimmt sich die Zeit, die sie braucht.“

Auch Stephanie Venier ist bewusst, dass „alles andere zweitrangig“ ist, wenn so etwas passiert. Sie selbst sei jeden Tag mit ihrer eigenen Familie in Kontakt, das sei wichtig, wenn man so viel unterwegs sei. Das hält auch Ramona Siebenhofer so. „So etwas zeigt, was im Leben wirklich zählt. Es ist mir immer sehr wichtig, wenn ich fortfahre, dass ich mich von den Menschen gut verabschiede, man weiß ja nie, was passiert.“

Als sie das Posting von Shiffrin gelesen habe, habe es ihr die „Ganslhaut“ aufgestellt. „Es war sehr emotional geschrieben. Schicksalsschläge zeigen uns, dass die Jagd nach Hundertstel oder Punkten in Wirklichkeit unwichtig ist, das rückt in den Hintergrund.“ Mit ein bisschen Abstand könnte es für Shiffrin aber auch wieder gut sein, in das Ski-Umfeld zurückkommen. „Weil sie in der Skifamilie sicher aufgefangen wird. Aber für den Moment ist es für Mika sicher sehr schwierig“, sagte Siebenhofer.

Für Tamara Tippler ist der Tod eines Familienmitglieds der „worst case“. Sie ist überzeugt, dass Mikaela gute Unterstützung habe und die Familie gut zusammenhalte. „Sie soll sich die Zeit nehmen, die sie braucht. Es gibt auch was anderes als den Sport.“ An der Stärke Shiffrins zweifelt sie nicht. „Ich glaube, auch das wird die Mikaela gut meistern. Und wenn sie sich wieder bereit fühlt, wird sie das Skifahren nicht aufgeben. Es gibt auch Kraft, es sind viele positive Sachen im Skisport, man ist wieder in der Skifamilie.“

Dieser Schicksalsschlag zeige aber, wie schnell es gehen könne. „Und dass keiner verschont bleibt, das ist richtig bitter. Alles Gute für Mikaela. Kein Pokal, keine Medaille ist so wichtig wie die Familie.“

Shiffrin führt im Gesamtweltcup mit 1.225 Punkten vor der Italienerin Federica Brignone (955) und der Slowakin Petra Vlhova (830). Nach Garmisch fahren die Damen noch in Maribor, Crans Montana, La Thuile, Ofterschwang, Aare und beim Finale in Cortina d’Ampezzo.

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