Christophs Fantagebuch – Faire Verlierer

Die Enttäuschung über die 0:2-Niederlage der österreichischen Nationalmannschaft gegen Ungarn (Spielbericht) sitzt auch am Tag danach noch tief. Mit hohen Erwartungen reisten tausende Österreicher und ich nach Bordeaux. Gegen Ungarn rechnete man sich die besten Chancen auf den ersten Sieg bei einer Fußball-Europameisterschaft aus. Doch „peinlich“, wie eine Gruppe Österreicher eine Reihe hinter mir die Leistung beurteilte, ist eine Niederlage gegen unser Nachbarland nicht. Auch wenn der Aufstieg in weite Ferne gerückt ist, versuche ich positiv zu bleiben: Sechs Punkte sind immer noch zu vergeben.

Der Spieltag startete für meinen Kollegen aus Salzburg und mich bereits um halb sechs in der Früh. Mit dem ersten Zug des Tages fuhren wir gute drei Stunden von Paris nach Bordeaux. Bereits im Zug trafen wir einige Österreicher und Ungarn, aber auch Schweizer und Iren machten sich auf den Weg in den Westen Frankreichs. Stimmung wurde in den frühen Morgenstunden noch keine gemacht, das sollte sich jedoch bereits am Vormittag ändern.

Im Vergleich zu Paris bemerkte man in Bordeaux bereits nach den ersten Schritten die EM 2016. Die öffentlichen Busse wurden von den Österreich- und Ungarn-Fahnen geschmückt, die Straßenbahnen, bei denen es laut eines Einheimischen aufgrund des Streiks keine Fahrscheinkontrollen gibt, mit dem EM-Logo.

Nachdem wir unsere Koffer bei unserem sehr höflichen Vermieter abgaben, machten wir uns direkt auf den Weg in die Innenstadt von Bordeaux. Dort versammelten sich im Laufe der Zeit immer mehr Österreicher und Ungarn, um sich auf das Match einzustimmen. Die Stimmung war ausschließlich positiv. Gesungen wurde miteinander und nicht gegeneinander. Beide Fangruppen tranken gemeinsam Bier, das hier in der Regel zwischen fünf und acht Euro kostet, und wünschten sich ein gutes Spiel.

Bereits drei Stunden vor dem Anpfiff machten wir uns auf den Weg ins Stade de Bordeaux, um rechtzeitig durch die Sicherheitskontrollen zu kommen. Zu meiner Überraschung wurde man nur einmal abgetastet, wie bei jedem anderen Länderspiel im Ernst-Happel-Stadion auch. Sicher fühlte man sich trotzdem, schwer bewaffnete Polizisten waren außerhalb des Stadions in Großzahl zu sehen. Beim ersten Schritt in das rund 50.000 Zuschauer fassende Stadion erreichte meine Anspannung dann ihren Höhepunkt.

Das Stadion füllte sich schnell, wenn auch nicht bis auf den Platz. Österreich-Teamspeaker Andreas Marek heizte die Rot-Weiß-Roten-Fans bei der Bekanntgabe der Aufstellungen und bei „I am from Austria“ an. Nach der offiziellen Zeremonie präsentierten die Österreich-Kurve ihre durchaus gelungene Choreographie. Stimmungstechnisch war Österreich den Ungarn überlagen.

Auf dem Platz ging das Duell jedoch leider anders aus. Nach dem Gegentor kippte die Stimmung, im Mittelpunkt stand der Diskussionen stand die Leistung des Schiedsrichters, der nach der Gelb-Roten-Karte für Aleksandar Dragovic und dem gleichzeitig nicht gegebenen Ausgleichstreffer von Martin Hinteregger ein gellendes Pfeifkonzert zu hören bekam. Dass die Ungarn dabei auch noch zwei Knallkörper zur Explosion brachten – die Securities zerrten die Täter aus den Block – förderte die hitzige Stimmung im Stadion nicht.

Doch wer glaubte, dass es nach dem Spiel zu Ausschreitungen kommen wird, sollte zum Glück falsch liegen. Die österreichischen Fans präsentierten sich in den Abendstunden als gute Verlierer. Durch die Innenstadt von Bordeaux hallten zwar hauptsächlich „Hongrie“-Rufe, die verbliebenen Österreicher feierten trotz der Niederlage mit. Man verspürte die Freude nach so vielen Jahren wieder bei einem Großereignis dabei sein zu können. Noch ist diese EM für Österreich auch noch nicht vorbei.

Part 2 – Fußballfest vor dem Eiffelturm

Part 1 – Frankreich, ich komme

Eine Kolumne von Christoph Eliasch  / Dieser Text muss nicht der Meinung von Sky Sport Austria entsprechen.